Unter den österreichischen Bundesländern ist das Burgenland mit seinen rund 300.000 Einwohnern das Kleinste. Trotzdem war die dortige Wahl am Wochenende von überregionaler Bedeutung. Es war die erste Abstimmung, seit in Wien die Koalitionsverhandlungen von Freiheitlichen (FPÖ) und Volkspartei (ÖVP) begonnen haben, die in FPÖ-Chef Herbert Kickl erstmals einen Politiker der rechten Partei ins Bundeskanzleramt bringen könnten. Aus den jüngsten Abstimmungen war sie als stärkste Kraft hervorgegangen: aus den Europawahlen, der Nationalratswahl und auch der Landtagswahl in der Steiermark. Es war nun die Frage, ob die „Blauen“ ihre Erfolgsserie fortsetzen könnten.
Die Antwort lautet Jein. Wieder haben die Freiheitlichen einen kräftigen Zuwachs verzeichnet. Von 9,8 Prozent vor fünf Jahren auf nun 23,1 Prozent konnten sie sich weit mehr als verdoppeln und wurden so stark wie noch nie im Burgenland. Anderseits lagen sie in Umfragen zuletzt auch schon höher. Und auch bei der Nationalratswahl im vergangenen Herbst hatten sie in dem östlichsten Bundesland besser abgeschnitten und lagen sogar knapp auf Platz eins.
Davon war die FPÖ nun weit entfernt. Vorne liegt nach wie vor der sozialdemokratische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Auch wenn seine SPÖ die absolute Mehrheit einbüßte und nur 46,4 Prozent erhielt, ist seine Position unangefochten. Es gibt keine realistische Mehrheit an ihm vorbei. Gedankenspiele der Freiheitlichen, mit einer weiteren blau-türkisen Koalition wie in der Steiermark (und vermutlich bald im Bund) einen weiteren Landeshauptmann stellen zu können, sind damit obsolet. Als Spitzenkandidaten hatte die FPÖ immerhin Prominenz aufgeboten, den früheren Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer.
Law-and-Order-Kurs in der Migration
Ausgeschlossen ist damit eine freiheitliche Regierungsbeteiligung nicht. Die Grünen sind trotz leichter Verluste sicher in den Landtag eingezogen und konnten zwei Mandate halten, die ausreichen würden, um einer Koalition mit der SPÖ zu einer Mehrheit zu verhelfen. Aber Rot-grün ist in Eisenstadt keine Selbstverständlichkeit. Die seit mehr als einem halben Jahrhundert im Burgenland regierende SPÖ hat dort auch schon mit der FPÖ koaliert, unter Hans Niessl und anfangs auch dessen Nachfolger Doskozil. Der verfolgt innen- und migrationspolitisch einen Law-and-Order-Kurs, der zur FPÖ besser passt als zu den Grünen; sein Etatismus in der Wirtschafts- Sozial- und Gesundheitspolitik freilich nicht unbedingt. Ausgeschlossen hat Doskozil keine Variante, nicht einmal mit der ÖVP, die er besonders kritisch zu betrachten pflegt.
Der nächste Stimmungstest in Österreich kommt eher als erwartet. In Wien beschloss die Koalition der SPÖ unter Bürgermeister Michael Ludwig und den liberalen Neos, die Wahl von Herbst auf April vorzuziehen. Ludwig begründete das damit, dass er den Wahlkampf verkürzen wolle. In österreichischen Medien wurde über taktische Überlegungen in der SPÖ berichtet, die für eine frühere Wahl sprächen. So seien die Sozialdemokraten schon früher gut damit gefahren, wenn sie in Zeiten von Mitte-rechts-Regierungen das „rote Wien“ als Bollwerk „gegen Rechts“ darstellen konnten.
Da die ÖVP von ihrer Beteuerung abgefallen ist, im Bund keinesfalls mit der Kickl-FPÖ zusammenarbeiten zu wollen (noch ist Blau-Türkis nicht ausgehandelt), ist ihre Glaubwürdigkeit bei bürgerlichen Anhängern geschwächt. Die Sparpakete, über die die Unterhändler im Bund derzeit sprechen, könnte die SPÖ zusätzlich zur Mobilisierung nutzen. Allerdings stellt die Landesverfassung den Wahltermin eigentlich nicht in das Belieben des Rathauses. Der Gemeinderat (gleichzeitig Landtag) muss dafür einen Beschluss herbeiführen.