Sein erster Tag im Amt

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Gleich zweimal hat Donald Trump an seinem ersten Tag zurück im Amt verkündet, woran sich Amerikas Stärke vor allem bemesse: an der Zahl der Kriege, in die es gar nicht erst ziehen müsse. Doch er denkt nicht daran, diese Losung auch innenpolitisch zu beherzigen. Seine Rückkehr ins Weiße Haus zelebrierte er lustvoll als multiplen Blitzkrieg. In beinah 200 Erlassen und etlichen Ansprachen eröffnete er Front um Front. Sein Ziel ist die Überwältigung von Freund und Feind.

Letzterer, in der Logik der amerikanischen Stammesfehde immerhin etwa die Hälfte des Volks, weiß gar nicht, worauf er seine Empörung fokussieren soll: auf die Begnadigung der Kapitolsstürmer und die Vorbereitung eines Rachefeldzugs gegen politische Gegner? Auf die verfassungsrechtlich höchst fragwürdigen Versuche des Oberbefehlshabers, die Streitkräfte zur Einwanderungspolizei zu machen und alleinherrlich das Staatsangehörigkeitsrecht zu ändern? Auf die 180-Grad-Wende beim Kampf gegen Diskriminierung? Oder auf die Liebesdienste für Elon Musk und andere potentielle „Oligarchen“?

Gerechtigkeit? Für Trump ist das Siegerjustiz

Schon vor der Amtseinführung war klar, dass Trumps demoralisierten Gegnern dieses Mal die Kraft fehlt, eine breit angelegte Widerstandsbewegung zu orchestrieren. Die Kongress-Demokraten geben sich bedingt kooperationsbereit; Bürgerrechtler erkennen verbittert an, dass eine Mehrheit ihrer Landsleute Trump wiederhaben wollte. Auch aus dem Ausland wird Trump viel mehr Ehrerbietung entgegengebracht als 2017.

Der nutzt das zwar, um sich als Einheitsstifter zu feiern. Doch Trump wäre nicht Trump, hätte er die goldene Gelegenheit zum Brückenbau ergriffen. Lieber bekräftigte er, dass die Demokraten 2020 „wie die Hunde betrogen“ und ihm damals den Wahlsieg „geklaut“ hätten. Wenn Trump von Gerechtigkeit spricht, so hat er eine Siegerjustiz im Sinn.

Seinen Anhängern lieferte er damit eine gute Show. Die Botschaft: Erst ein paar Stunden im Amt und schon den Großteil aller Versprechen erfüllt! Viele Trumpisten werden nicht allzu streng beobachten, was von den vielen Dekreten in einigen Monaten übrig ist und Wirkung zeigt. Für substanzielle Reformen braucht Trump Mehrheiten im Kongress – den er, obwohl er im Herz des Kapitols sprach, in seiner ersten großen Rede nicht einmal erwähnte. Wie hätte das auch ausgesehen für einen Mann, der doch an Tag eins als „Diktator“ auftreten wollte?

Die Mauer ist nicht mehr Allheilmittel, sondern ein Mosaikstein

Gerade in der Migrationspolitik hat Trump in der ersten Amtszeit bereits erfahren, wie wenig sich die vielschichtige Problemlage mit den vermeintlich einfachen Antworten lösen lässt, die auf Kundgebungen so gut ankommen. Trumps abschreckende Wirkung auf Migranten ließ damals im Lauf der Jahre nach – je größer das Elend, vor dem die Menschen fliehen, desto größer ist auch ihre Risikobereitschaft. Manches, was Trump nun angekündigt hat, dürfte von Gerichten gestoppt werden. Allerdings gehen Trumps Leute wesentlich besser vorbereitet in diese juristischen Auseinandersetzungen. Und die Mauer ist nicht mehr Allheilmittel, sondern nur noch ein Mosaikstein in einem umfassenden Programm.

Trump beharrt auf seiner Auffassung, dass das Ausland die USA ausnutze, und da unterscheidet er nicht zwischen Verbündeten und Rivalen. Die Europäer durften erst einmal diskret aufatmen. Die Zoll-Ankündigungen Trumps blieben vage; nur Kanada und Mexiko drohte Trump Einfuhrzölle zum 1. Februar an, um sie für mangelhaften Grenzschutz zu bestrafen. Die NATO und die Verteidigungsausgaben der Verbündeten kamen in seiner Rede gar nicht vor.

Während Trump seine Provokationen wiederholte, dass Amerika sich den Panamakanal „zurückholen“ und den Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“ umbenennen werde, blieb das zum NATO-Partner Dänemark gehörende Grönland wenigstens in der zentralen Rede unerwähnt. Allerdings machte Trump deutlich, dass zu seiner Wachstumsvision für Amerika auch die Vergrößerung des Territoriums gehört – und sagte später, dass Dänemark schon noch beidrehen werde.

Ein paar spontane Worte über Putins Schwäche

Seine Versprechen zur vermeintlich kinderleichten Beilegung des Ukrainekriegs mochte Trump ebenfalls am Montag nicht wiederholen. In einer Antwort auf eine Reporterfrage dazu hob Trump auf Putins Schwäche ab, die er ausnutzen wolle – eine willkommene Akzentverschiebung nach seinen früheren Sätzen über die dem Untergang geweihte Ukraine. Trumps wichtigste Außenpolitiker hatten zuletzt schon die von Trump im Wahlkampf geschürten Erwartungen gedämpft, dass bereits in den kommenden Wochen ein Durchbruch zu erreichen wäre.

Auch aus ein paar Sätzen Trumps zum Nahen Osten sprach vor allem Desinteresse an den Kriegen anderer Nationen. Trump will in erster Linie sein eigenes Land umkrempeln. Ein Präsident aller Amerikaner, daran ließ er an Tag eins keinen Zweifel, will er nur unter einer Bedingung sein: dass sie sich ihm unterwerfen.