Frau Abgeordnete, Sie wollten den fraktionsübergreifenden Gruppenantrag zur Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens im Bundestag nur dann zur Abstimmung stellen, wenn eine Mehrheit wahrscheinlich ist. Jetzt soll der Antrag nächste Woche auf die Tagesordnung. Haben Sie eine Mehrheit?
Wir starten das parlamentarische Verfahren. Höchstwahrscheinlich debattieren wir nur über den Antrag und dann wird er in die Ausschüsse verwiesen.
Bisher hat der Antrag nur etwas mehr als 120 Unterstützer – bei 733 Abgeordneten. Es geht Ihnen jetzt also doch eher um eine symbolische Debatte?
Es ist wichtig, dass wir über ein AfD-Verbotsverfahren debattieren. Wir bekommen von vielen Abgeordneten Signale, dass sie unseren Antrag unterstützen würden. Andere wollen lieber warten, bis die gesamte AfD vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird.
Wäre es dann nicht besser gewesen, erst im nächsten Bundestag darüber zu sprechen?
Wir erleben gerade eine große Zuspitzung durch die AfD. Die Partei verteilt „Abschiebetickets“, die Leute im Briefkasten haben, die vermeintlich nicht deutsch klingende Namen haben. Die Debatte ist sehr wichtig, weil die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sich sehr große Sorgen macht. Sie wäre ein Zeichen, dass wir das ernst nehmen. Wir erleben tagtäglich, wie sich die AfD weiter radikalisiert. Wenn man Alice Weidel zuhört, wird einem ganz anders, etwa wenn sie über „Remigration“ redet. So etwas hatten wir schon einmal in Deutschland.
Gerade ist Wahlkampf. Da kann es keine Debatte geben, in der es nicht auch darum geht, für die eigene Partei zu werben. Ist das der richtige Zeitpunkt für so ein überparteiliches Anliegen?
Das wird ein guter Moment sein, um zu zeigen, dass die demokratischen Fraktionen geeint sind und die Demokratie schützen. Im Ziel sind wir Demokraten uns alle einig: Die Demokratie muss vor der AfD geschützt werden. Die Frage ist nur die nach dem Zeitpunkt.
Ich bin kein großer Fan dieses Ansatzes. Denn damit so ein Gutachten aussagekräftig ist, müsste man auf das Material des Verfassungsschutzes zugreifen. In dem Moment, in dem das möglich ist, wären wir aber schon im Verbotsverfahren. Aus meiner Sicht braucht es eine solche Vorabprüfung nicht, es liegt genug Material vor.
Selbst wenn ein Verbotsverfahren eingeleitet würde und das Bundesverfassungsgericht die AfD am Ende verbietet, wären am Ende noch die AfD-Wähler da. Die sagen immer häufiger, dass sie die AfD für ihre Inhalte wählen. Gäbe es dann nicht einfach schnell eine Nachfolgepartei?
Unter ein solches Urteil würden auch Nachfolgeparteien fallen. Es wäre also nicht so leicht, eine AfD 2.0. zu gründen. Wir könnten große Teile der Wählerinnen und Wähler der AfD ins demokratische Spektrum zurückholen.
Wenn es anders käme, und in Karlsruhe entschieden würde, die AfD nicht zu verbieten, könnte das die Partei stärken.
Ja, das könnte passieren. Die Frage ist aber: Was passiert, wenn wir den Antrag nicht stellen? Wie lange haben wir überhaupt noch die Chance, einen solchen Antrag zu stellen? Wenn wir den richtigen Zeitpunkt verpassen, ist das möglicherweise der Untergang der Demokratie.
Sie meinen, dass die AfD künftig eine Mehrheit hat?
Davon sind wir glücklicherweise weit entfernt. Aber die Union liebäugelt in einigen Landesverbänden damit, mit der AfD zu regieren. Wenn das erst einmal passiert, wäre es schwierig die AfD zu verbieten, selbst wenn sie bundesweit gesichert rechtsextrem wäre.
CDU-Chef Friedrich Merz schließt jede Zusammenarbeit aus. Unter anderem daraus macht die AfD dann den Vorwurf, sie werde von den anderen Parteien diskriminiert. Ein Verbotsverfahren würde es der Partei noch leichter machen, in die Opferrolle zu schlüpfen, oder?
Das macht sie sowieso. Deshalb würde ich das als Argument nicht gelten lassen. Die Voraussetzungen für ein Parteiverbot könnten bei der AfD erfüllt sein. Sie hat ein Klima geschaffen, in dem zum Beispiel mein Kollege Matthias Ecke angegriffen wurde. Oder denken Sie an die Verbindungen zu Russland und China. Jetzt ist ein Moment erreicht, an dem man handeln muss.