Höckes Vertraute wollen in den Bundestag

28

Die Thüringer AfD um Landes- und Fraktionschef Björn Höcke will ihren Einfluss auf die Bundestagsfraktion ausbauen. Zwar kandidiert Höcke nicht selbst für den Bundestag. Dafür schickt die AfD enge Vertraute Höckes in das interne Rennen um Wahlkreise und Listenplätze. So wird Ko-Landeschef Stefan Möller für den Bundestag kandidieren, wie er der F.A.Z. bestätigte. Möller führt den Landesverband gemeinsam mit Höcke seit zehn Jahren. Der 49 Jahre alte Rechtsanwalt will in Westthüringen kandidieren. Der Wahlkreis ist frei geworden, weil der Landesvorstand gegen den dortigen AfD-Bundestagsabgeordneten Klaus Stöber ein Ausschlussverfahren eingeleitet hat. Stöber hatte vor der Landtagswahl in diesem Jahr Höcke deutlich kritisiert, weil die Thüringer AfD-Führung die Kandidatur von zwei Bewerbern in Westthüringen verhindert hatte. Stöber kandidiert nun als Einzelkandidat in dem Wahlkreis.

Möller strebt zudem den Spitzenplatz der Thüringer Liste für die Bundestagswahl an. Das ist eine Kampfansage an den Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner, der die Liste bisher anführte. Möller ist anscheinend bereit, eine Kampfkandidatur bei der Listenaufstellung am Samstag der kommenden Woche zu riskieren. Brandner sagte dazu der F.A.Z., er sei mit Möller im Gespräch. In der nächsten Woche wolle man eine Lösung finden.

Höcke will in Thüringen für Regierungsverantwortung kämpfen

Dafür, dass Höcke über seine Vertrauten seinen Einfluss in Berlin stärken will, spricht auch die Kandidatur von Torben Braga. Der 33 Jahre alte Abgeordnete des Thüringer Landtags ist Parlamentarischer Geschäftsführer und Landesvize und gilt als einer der strategischen Köpfe der AfD. Braga tritt an diesem Samstag bei einer Vertreterversammlung in Südostthüringen in einer Kampfkandidatur gegen den Bundestagsabgeordneten Michael Kaufmann an.

Kaufmann, Ingenieur und Hochschullehrer, tritt gewöhnlich zurückhaltend auf. Er gehört zu den Gründern der Thüringer AfD und war vor seiner Wahl in den Bundestag Vizepräsident im Erfurter Landtag. Er habe in seinem Wahlkreis gute Arbeit geleistet und „gute Chancen, wiedergewählt zu werden“, sagte Kaufmann der F.A.Z. Der dritte Höcke-Vertraute, der in den Bundestag strebt, ist Robert Teske, Höckes Büroleiter im Landtag. Er will in Südthüringen kandidieren.

Höcke hatte mit dem Gedanken gespielt, für den Bundestag zu kandidieren, sich aber dagegen entschieden. Er wolle weiter dafür kämpfen, „dass die AfD in Thüringen in Regierungsverantwortung kommt“, sagte er in dieser Woche in Erfurt. „Ich liebe Thüringen“, fügte Höcke hinzu.

Der wahre Grund für Höckes Entscheidung ist aber wohl, dass er in Berlin nicht mit einem herausgehobenen Posten rechnen kann und in der AfD-Bundestagsfraktion isoliert wäre. Zwar hat die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel ihre Gegnerschaft zu Höcke aus taktischen Gründen begraben, legt aber wohl genauso wenig Wert auf seine Anwesenheit in Berlin wie der Ko-Fraktionschef Tino Chrupalla, der einen zweiten Mann aus dem Osten wohl kaum neben sich haben will.

In der Thüringer Landtagsfraktion heißt es, die Bundestagsabgeordneten aus Thüringen hätten zu autonom agiert und wenig Rücksicht auf die Interessen des Landesverbands genommen. Auch hätten sie wenig zur Profilschärfung der AfD beigetragen. Gemeint ist damit offenbar, dass sie den radikaleren Geist der Höcke-Partei zu wenig verkörperten.