Anstelle eines Standortwechsels droht den meisten Beschäftigten von Continental in Wetzlar der Verlust ihrer Arbeitsplätze: Das Unternehmen hat seine frühere Ankündigung zurückgezogen, mit der Schließung des Standorts zum Jahresende rund 300 Mitarbeitern eine Weiterbeschäftigung in Frankfurt oder Babenhausen anzubieten. Etwa 360 der 430 Beschäftigten in Wetzlar könnten „keine Angebote für einen Transfer“ in der Region gemacht werden, teilte ein Continental-Sprecher am Mittwoch mit und bestätigte damit einen Bericht der „Wetzlarer Neuen Zeitung“. Bei Bekanntgabe der Schließungspläne im März war vom Abbau von 160 Stellen die Rede gewesen, der Rest der damals rund 460 Arbeitsplätze sollte verlagert werden.
Nun soll neben 41 Auszubildenden nur einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern eine Weiterbeschäftigung angeboten werden. Das Unternehmen sprach von etwa 30, der Wetzlarer Betriebsratsvorsitzende Jörg Seidler von lediglich 18. Nach seiner Darstellung stehen 373 Mitarbeiter vor dem Nichts. „Vor einem halben Jahr wären die Aussichten für die Arbeitsplatzsuche noch besser gewesen“, sagte er. Viele Kollegen hätten nach Bekanntgabe der Schließungspläne für den Standort Wetzlar vor neun Monaten aber darauf gesetzt, teils im Homeoffice, teils in Frankfurt weiterarbeiten zu können.
Rüstungskonzern Hensoldt signalisiert Interesse
Der Continental-Sprecher teilte mit, man bemühe sich um sozialverträgliche Lösungen wie Altersteilzeit und Abfindungsangebote. Zudem sollten den Betroffenen Beschäftigungsmöglichkeiten bei anderen Unternehmen aufgezeigt werden, „oder Unternehmen an den Standort gebracht werden, die Beschäftigte von Continental übernehmen können“. Interesse an der Einstellung von Continental-Mitarbeitern habe bereits der Rüstungskonzern Hensoldt signalisiert, der in Wetzlar Zielfernrohre herstellt.
Dass nur wenige Mitarbeiter aus Wetzlar im Konzern bleiben sollen, begründete der Sprecher damit, dass ein in Frankfurt geplantes „Technologiezentrum für Fahrzeug-Hochleistungsrechner“ nun doch nicht geschaffen werde. Wegen der schwierigen Lage der Autobranche müsse Continental Entwicklungskosten reduzieren. Der Hannoveraner Konzern will die in Frankfurt ansässige Automotive-Sparte abspalten. Im Dezember wurde beschlossen, sie als eigenständiges Unternehmen an die Börse zu bringen. Davor war bereits der Abbau von 1200 Automotive-Stellen in Rhein-Main angekündigt worden.