Wissenschaftler gelten weltweit als vertrauenswürdig, zeigte eine große Umfrage

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Die Mehrheit der Menschen in der Welt hält Wissenschaftler für vertrauenswürdig. Das haben Umfragen in 68 Ländern ergeben, darunter in China und Indien, den beiden bevölkerungsreichsten Ländern. In den Ländern, in denen die Erhebung stattfand, leben rund 80 Prozent der Weltbevölkerung. Damit handelt es sich um die größte Befragung zum Vertrauen in Wissenschaftler seit der Corona-Pandemie.

Die 71.922 Befragten sollten die Vertrauenswürdigkeit auf einer fünfstufigen Skala von „eins“ (sehr geringes Vertrauen) bis „fünf“ (sehr hohes Vertrauen) bewerten. Das Ergebnis: Der globale Durchschnittswert lag bei keinem der untersuchten Länder unter „drei“. Das war selbst in den Vereinigten Staaten nicht der Fall, in denen ein wissenschaftsfeindlicher Präsident gewählt wurde, oder in autokratisch regierten Staaten wie Russland oder Marokko. Insgesamt stimmten drei Viertel der Befragen der These zu: „Wissenschaftliche Methoden sind der beste Weg, die Wahrheit herauszufinden.“

Was ist Vertrauenswürdigkeit?

Die Ergebnisse hält der Kommunikationswissenschaftler Matthias Kohring von der Universität Mannheim nicht für überraschend. „Es hat noch nie eine generelle Vertrauenskrise der Wissenschaft gegeben“, äußerst er sich gegenüber dem Science Media Center Germany. In Konfliktfällen bei der Corona-Pandemie oder beim Klimawandel gebe es in Teilen der Bevölkerung „und vor allem in der Politik einen ausgeprägten Wissenschaftsskeptizismus“. Das gehe bis zur völligen Ablehnung wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Die Unterschiede zwischen den Ländern sind gering, die Ergebnisse allerdings mit Vorsicht zu interpretieren, wie die Autoren der in „Nature Human Behaviour“  erschienenen Studie als auch unabhängige Experten einschränken. Denn wie Wissenschaftler von Menschen in verschiedenen Ländern beurteilt werden, hängt auch mit sozialen, kulturellen und historischen Aspekten zusammen, zudem beeinflussen sprachliche Nuancen die Antworten.

Ob Wissenschaftler als vertrauenswürdig gelten, wurde in der Studie an vier Punkten festgemacht: Es wurde gefragt, ob die Bevölkerung Wissenschaftler als kompetent wahrnimmt, ihnen gute Absichten zutraut sowie ob sie integer und offen erscheinen. Frauen, ältere Personen, Personen mit höherer Bildung und höherem Einkommen sowie Menschen, die in Städten leben, schenken Wissenschaftlern ein größeres Vertrauen. Weniger vertrauensvoll sind konservative Menschen, Anhänger populistischer Haltungen und Befürworter sozialer Hierarchien und Ungleichheiten in einer Gesellschaft.

Keine Vertrauenskrise

Für Deutschland bilanzierte bereits die Initiative „Wissenschaft im Dialog“ Anfang November in ihrem Wissenschaftsbarometer, dass eine Erosion des Vertrauens in die Wissenschaft nicht feststellbar sei. Zwar war der Anteil der Bevölkerung, die der Wissenschaft voll und ganz vertraut, in den Jahren nach Corona gesunken. Diejenigen, die vertrauen, sind aber immer noch in der Mehrheit und mehr als vor der Pandemie. Kommunikationswissenschaftler Kohring sieht hierzulande weniger fehlendes Vertrauen als Problem, sondern dass die Politik wissenschaftliche Erkenntnisse teilweise nicht beachte.

Die Autoren der aktuellen weltweiten Studie weisen darauf hin, dass hohes Vertrauen in Wissenschaftler nicht per se gut ist. Es könne gute Gründe für Vertrauensvorbehalte geben. „Undifferenziertes hohes Vertrauen in Wissenschaft ist ja nicht, was wir anstreben sollten, sondern vielmehr differenziertes, informiertes und reflektiertes Vertrauen“, meint dazu Hans Peter Peters vom Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Fachbereich der FU Berlin.

Die Daten für diese Arbeit haben 241 Forscher aus 180 Forschungseinrichtungen weltweit unter der Leitung von Viktoria Cologna von der Universität Zürich zusammengetragen.