Fünf Jahre Corona – Müssen wir uns noch Sorgen machen?

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Es liege der menschlichen Natur zugrunde, dass eine Krise ungünstige Entwicklungen hervorrufe, schrieb Leven im Fachblatt “Geschichte in Wissenschaft und Unterricht”. Dazu zähle das Streuen von Gerüchten, die bei Ausbrüchen der Pest zu Lynchmorden führten. “Im 19. Jahrhundert wurden im Zuge der Cholera-Epidemien in einigen europäischen Städten Ärzte und Apotheker gelyncht, da es gerüchteweise hieß, sie vergifteten die Armen.”

Auch während der Corona-Pandemie hätten sich Gerüchte massiv verbreitet. Das Stichwort “Corona-Verschwörung” bringe bei einer Google-Suche zig Millionen Treffer, so Medizinhistoriker Leven. Zugleich habe sich im Gegenzug eine Art allergische Reaktion entwickelt, kritische Positionen Andersdenkender automatisch mit Verschwörungserzählungen gleichzusetzen.

Das darf bezweifelt werden. Zwar wurden in etlichen Ländern Pandemie-Pläne entstaubt oder erst geschaffen. Doch ein aktuelles Beispiel zeigt, dass im Zweifelsfall weiterhin zu wenig geschieht, um die Ausbreitung gefährlicher Erreger früh zu stoppen: die Vogelgrippe H5N1 in US-Milchviehbetrieben. Seit den ersten Nachweisen im März wurden dem US-Landwirtschaftsministerium zufolge H5N1-Fälle in hunderten Betrieben vieler Bundesstaaten erfasst.

Es sei leider nicht zu erkennen, dass Maßnahmen ergriffen werden, die das Geschehen schnell stoppen würden, sagt Martin Beer, Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Insel Riems bei Greifswald. Den Eindruck, dass in den USA mehr Wert darauf gelegt wird, kurzfristig wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden als eine mögliche weitere Zoonose zu unterbinden, bestätigt auch Drosten: “Es ist schon frappierend, wie wenig Dateneinsicht und gezielte Infektionsüberwachung stattfindet, sowohl bei Tieren als auch beim Menschen.”