Sind seine Migrationspläne rechtlich zulässig?

11

Nach der Dublin-III-Verordnung sind Zurückweisungen an der Grenze zwischen den EU-Mitgliedstaaten nicht vorgesehen. Die Verordnung enthält etliche Regelungen, wie zu klären ist, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Schutzstatus eines Migranten zuständig ist. Diese sind so umfangreich, dass die Zuständigkeitsprüfung nicht an der Grenze erfolgen kann.

Nach Ansicht des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz kommt Dublin III in der aktuellen Lage aber nicht mehr zur Anwendung: Da das europäische Asylrecht „dysfunktional“ sei, habe Artikel 72 des Lissabonner Vertrages Vorrang. Diese Norm garantiert die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit unabhängig vom EU-Migrationsrecht. Merz leitet daraus ab, dass Deutschland Zurückweisungen vornehmen kann, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.

Wie würde Luxemburg entscheiden?

Ob diese Auslegung des Artikels 72 vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand hätte, ist ungewiss. In der Vergangenheit sind sämtliche Versuche von EU-Mitgliedstaaten, wegen Artikel 72 vom EU-Migrationsrecht abzuweichen, in Luxemburg gescheitert. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass die Richter auch diesmal so entscheiden würden.

Sie verlangen in ihren bisherigen Urteilen, dass ein Mitgliedstaat gut begründet, warum er die Sicherheit gefährdet sieht und speziellere Regelungen – etwa der Schengener Grenzkodex – nicht Vorrang haben. Es könnte auch einen Unterschied machen, welche Migranten betroffen sind. Merz will alle Migranten ohne gültige Einreisepapiere zurückweisen. Weniger restriktiv wäre, Migranten nur dann zurückzuweisen, wenn ihre Fingerabdrücke bereits in einem anderen EU-Land registriert sind.

SPD und Grüne werfen Merz zudem vor, dass seine Vorschläge gegen das Grundgesetz verstoßen würden. Sie verweisen auf das Asylgrundrecht. Das schützt vor Zurückweisungen. Seit dem „Asylkompromiss“ von 1993 gilt es aber nicht mehr für Personen, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen. Faktisch können sich deshalb nur Migranten darauf berufen, die mit dem Flugzeug nach Deutschland kommen. Merz will „an der Grenze“ zurückweisen.