Hinzu kam, dass auch die sonst so starke Defensive, die Schweiz-Trainer Andy Schmid vor dem Vorrundenduell gar als “beste der Welt” bezeichnet hatte, ungewohnte Schwächen zeigte. Die Absprache stimmte häufig nicht, immer wieder ließen sich die Mannen um Kapitän Johannes Golla zu leicht auseinanderziehen und so Lücken für gegnerische Abschlüsse zu. Besonders auffällig wurde das im ersten Hauptrundenspiel gegen Dänemark, als die Weltklasse-Offensive der Gastgeber sich fast nach Belieben durch die deutsche Hintermannschaft spielte – und die zwar einkalkulierte Niederlage so mit zehn Toren Abstand ungewollt hoch ausfiel.
In den übrigen Partien war es häufig überragenden Torwartleistungen von Andreas Wolff und David Späth zu verdanken, dass das DHB-Team nicht hoch in Rückstand geriet und die Spiele am Ende noch drehen konnte.
Dass die Erleichterung über den dennoch vorzeitig erreichten Viertelfinaleinzug deshalb riesig war, daraus machten die Spieler kein Geheimnis. “Wir sind alle sehr erleichtert”, sprach es Jungstar Marko Grgić offen aus. “Wir hatten eine schwierige Vor- und Hauptrunde. Natürlich haben wir nicht unser Maximum abrufen können”, so Grgić weiter. Deshalb sei die Mannschaft “sehr froh”, das Minimalziel Viertelfinale erreicht zu haben.
Die Diskrepanz zwischen der Olympia-Form und den Auftritten bei der WM war ihm genauso bewusst wie der Grund dafür: “Was bei Olympia anders war, ist, dass wir nicht diesen Druck hatten und nicht diese Erwartung”, so der 21-Jährige. Dass Deutschland Frankreich im Viertelfinale schlage, habe damals zum Beispiel keiner erwartet. “Wir hatten die Underdog-Rolle. Das hat uns sehr dabei geholfen, da einfach locker und befreit aufzuspielen”, sagte Grgić. “Jetzt bei der WM sind wir Vize-Olympiasieger, und da erwartet man mehr von uns und wir erwarten auch automatisch von uns mehr. Manchmal kann das dazu führen, dass wir ein bisschen verkrampfen und zu viel wollen.”
Doch der Krampf scheint nun gelöst zu sein. Denn nicht nur Fischer und Lichtlein wussten nach dem Viertelfinaleinzug zu unterhalten. Auch Bundestrainer Gislason war auf der Pressekonferenz für einen launigen Moment zu haben, als er nach einer Lobeshymne auf Lichtlein dem neben ihm sitzenden Jungstar grinsend noch zwei kräftige Schulterklopfer verpasste und ihm so die Schamesröte ins Gesicht trieb. Szenen, die noch vor wenigen Tagen nahezu undenkbar gewesen wären.