Wie sicher sind Südkoreas Fluggesellschaften?

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Die Bilder der völlig zerstörten Jeju-Air-Maschine in Muan und die Aufarbeitung des schwersten Flugzeugunglücks in der Geschichte des Landes mit 179 Toten beherrschen noch die koreanischen Medien. Da kamen am Dienstagabend schon wieder neue, dramatische Bilder hinzu: meterhoch schlugen die Flammen aus einem Flugzeug der koreanischen Billig-Fluglinie Air Busan. Sie sollte gegen 22 Uhr von dem Flughafen Gimhae im Süden des Landes aus Richtung Hongkong fliegen. Doch kurz vor dem Start brach ein Feuer am Heck der Maschine aus.

Das Feuer breitete sich rasch aus, die Bilder vom nächsten Morgen zeigen schwarz verkohlte Löcher über den gesamten Rumpf des Flugzeugs. Dieses Mal konnten sich aber nach Angaben der Feuerwehr alle 179 Passagiere und Besatzungsmitglieder rechtzeitig über Notrutschen retten. Nur sieben von ihnen verletzten sich leicht.

Doch das zweite schwere Unglück innerhalb weniger Wochen wirft die Frage nach der Sicherheit des Luftverkehrs in dem High-Tech-Land auf. Denn in Südkoreas Flugverkehr ist derzeit viel in Bewegung. Zehn neue Flughäfen sind gerade im Bau oder in der Planung, obwohl von den 15 Flughäfen in dem kleinen Land schon heute nur drei profitabel arbeiten: die beiden internationalen Großflughäfen von Seoul namens Incheon und Gimpo sowie der Flughafen auf der Urlaubsinsel Jeju. Zudem ist der Wettbewerb unter den Fluggesellschaften hart.

Von Seoul nach Frankfurt für 200 Euro

Die größte Airline des Landes, Korean Air, hat im Dezember nach vierjährigen Verhandlungen mit Wettbewerbshütern in aller Welt endlich die hoch verschuldete Asiana übernehmen dürfen, musste dafür aber eine Reihe von Flugverbindungen an Konkurrenten abtreten. Bis Ende der Neunziger Jahre wurde die Fluggesellschaft nach mehreren Abstürzen und Zwischenfällen als eine der unsichersten der Welt betitelt.

Doch seither wurden die Standards so weit erhöht, dass in den vergangenen 25 Jahren kaum noch Vorfälle zu verzeichnen waren. Kritiker befürchten allerdings, dass der zunehmende Wettbewerb mit Billigfluglinien zulasten der Sicherheit gehen könnte. So fliegt etwa seit dem vergangenen Jahr der Billiganbieter T’way vier Mal die Woche von Seoul nach Frankfurt und zurück und verkauft die Tickets für den 14-Stunden-Flug teilweise für weniger als 200 Euro. Hinzu kommen weitere Billigairlines wie Jeju Air und die nun von dem Unglück am Dienstag betroffene Air Busan.

Bislang haben weder die Fluglinie noch der Hersteller der Unglücksmaschine Airbus Angaben zu der Ursache des Feuers gemacht. Erste Zeugenaussagen deuteten darauf hin, dass es in einem Gepäckraum ausgebrochen sein könnte. Doch in Südkorea brandet abermals die Diskussion auf, ob insbesondere die Billig-Fluglinien ihre Maschinen ausreichend warten oder ob die immer enger werdende Taktung der Flugpläne und der Wettbewerb um den günstigsten Preis zulasten der Sicherheit geht.

Gluckenten im Triebwerk

Zu dem Flugzeugunglück am 29. Dezember hatten die südkoreanischen Behörden am Dienstag einen ersten Untersuchungsbericht vorgelegt. Er bekräftigt die frühe Vermutung, dass das aus Bangkok ankommende Flugzeug kurz vor der Landung mit einem Vogelschwarm zusammengestoßen war. In den Resten beider Triebwerke der Boeing 737-800 fanden die Ermittler Blut und Federn von Gluckenten. Die Vögel können bis zu einem Meter groß und bis zu 4,5 Kilogramm schwer werden.

Warum das Flugzeug nach dem Vogelschlag aber sein Fahrwerk nicht ausfuhr und dann bäuchlings und ungebremst über die Landebahn hinausschoss, konnten die Ermittler bislang nicht feststellen. Denn etwa vier Minuten vor der Bruchlandung enden gleichzeitig die Aufzeichnungen des Flugdatenschreibers und des Stimmenrekorders im Cockpit. Für Skepsis sorgt unter anderem, dass nur einen Tag nach dem Absturz ein weiteres Flugzeug des gleichen Typs von Jeju Air ebenfalls mit Fahrwerkproblemen kurz nach dem Abflug zum Flughafen zurückkehren musste.

Fest steht, dass die Unglücksmaschine am Tag vor dem Absturz ein ausgesprochen dichtes Programm absolvierte. Bevor sie in Bangkok abhob, hatte sie am gleichen Tag schon acht Flüge zwischen Muan, Kota Kinabalu auf Borneo, dem japanischen Nagasaki und der taiwanischen Hauptstadt Taipeh bewältigt. Vor ihrem letzten Abflug sei sie zwar noch einmal gewartet worden, aber nur in der offiziellen Mindestzeit von 28 Minuten, wie die koreanische Zeitung Hankook Ilbo berichtete.

„Ein Rundgang, keine Inspektion“

Ein nicht namentlich genannter Mechaniker mit mehr als einem Jahrzehnt Erfahrung mit Boeing-737-Flugzeugen bei Billig-Fluglinien sagte gegenüber der Zeitung: „Die 28 Minuten Wartungszeit reichen kaum aus, um die Warnlichter im Cockpit zu überprüfen und die Außenseite auf offensichtliche Schäden zu inspizieren. Es ist im Wesentlichen ein Rundgang, keine detaillierte Inspektion.“ Mögliche Schäden am Fahrwerk hätten also kaum gesehen und schon gar nicht behoben werden können. Ein anderer Mitarbeiter einer Billigfluggesellschaft kritisierte, dass für diese Unternehmen nur die Gewinnmaximierung zähle und sie ihre ehrgeizigen Zeitpläne nur durch diese sehr kurzen Standzeiten am Boden einhalten könnten.

Auch der rasche Bau neuer Regionalflughäfen in Südkorea erhöht nach Ansicht des Luftfahrtexperten Lee Yun-cheol das Sicherheitsrisiko. „Lokale Regierungen haben lange geglaubt, dass es ihre Wirtschaft antreiben würde, wenn sie einen staatlich geführten Flughafen haben“, sagte der Professor der Koreanischen Luftfahrt-Universität in Goyang gegenüber der Zeitung „Korea Times“. Tatsächlich hätten alle diese Flugplätze aber finanzielle Probleme. Lee sieht einen klaren Zusammenhang zwischen Flughäfen, die nur aus politischen Gründen gebaut worden seien, gefährlichen Betriebsabläufen und einem Sicherheitsrisiko für die Passagiere. „Anstatt neue Flughäfen zu bauen, sollten wir uns lieber darauf fokussieren, das Management der bestehenden zu verbessern.“

Am Flughafen von Gimhae ging am Mittwoch nach der Brandkatastrophe der Flugbetrieb ganz normal weiter. Der Interimspräsident des Landes, Choi Sang-mok, sagte: „Da viele Flüge am Flughafen Gimhae durchgeführt werden, fordere ich proaktive Anstrengungen, um den sicheren Betrieb der Flugzeuge zu gewährleisten und Unannehmlichkeiten für die Öffentlichkeit zu vermeiden.“