Portugal spielt bei der Handball-WM groß auf, will auch Deutschland rauswerfen. Getragen wird das Team dabei von einem Jungstar mit einer tragischen Geschichte.
Aus Oslo berichtet Nils Kögler
Für ihr Duell am Mittwochabend könnten sich die Nationalspieler Deutschlands und Portugals auch schon mal am Shuffleboard in der Hotellobby warm spielen. Denn beide Teams sind im selben Hotel.
Im Scandic Fornebu etwas außerhalb von Oslo und nur wenige Hundert Meter von der Unity Arena entfernt, in der das Viertelfinal-Duell ausgetragen wird, kommt es deshalb zu ungewöhnlichen Szenen: Als etwa Nationalspieler Timo Kastening in der Hotellobby mit der Presse über das Viertelfinale spricht, kann er seinen Kontrahenten nur wenige Meter weiter beim Mittagessen zusehen.
Zu studieren gibt es für die Deutschen bei ihrem Gegner zumindest einiges, denn der einstige Außenseiter Portugal spielt bei der WM groß auf. War es bei der EM 2022 noch Platz 19 (von 24 Teams), mischt Portugal nur drei Jahre später oben mit. Die Iberer schalteten bereits Topnationen wie Norwegen, Schweden und Spanien aus.
Erst etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass die DHB-Auswahl gegen Portugal ihre letzten zwei Testspiele vor der Heim-Europameisterschaft bestritt. Damals gab es mit einem 34:33 und einem 35:31 zwei Siege gegen die Südeuropäer. Ausruhen wollen sich die Deutschen auf den Erfolgen von damals aber nicht. “Darauf lässt sich leider jetzt nicht mehr aufbauen. Das sind wieder komplett neue Spiele”, so Köster.
Portugal sei eine sehr junge Mannschaft, habe sich seither noch mal deutlich weiterentwickelt und den nächsten Schritt gemacht. “Klar, können wir noch mal reinschauen in diese Spiele, das wird uns sicherlich auch ein bisschen helfen, was Taktiken angeht, aber die Qualität ist noch mal nach oben gegangen bei den Portugiesen”, sagt Köster.
Einer der jungen Spieler, die in diesem Turnier besondere Leistungen zeigen, ist Francisco Costa. Der erst 19-Jährige hat in diesem Turnier unter anderem bereits 36 Tore erzielt und hatte einen wesentlichen Anteil daran, dass die Portugiesen zu den größten Überraschungen des Turniers zählen. Der Rückraumspieler wird selbst auf der Webseite des Handball-Weltverbands IHF als Teenager-Sensation gefeiert.
In seinen jungen Jahren hat Costa dabei schon eine bewegte Geschichte, die er mit einem “AQ”-Tattoo auf seinem Unterarm verewigt hat. Das “AQ” steht für Alfredo Quintana. Quintana ist ehemaliger Nationaltorhüter Portugals. Doch als sich Portugal 2021 gerade das erste Mal seit 18 Jahren für eine WM qualifiziert hatte und bei dem Turnier den zehnten Platz belegte, starb Quintana nur wenige Tage später im Alter von 32 Jahren an einem Herzinfarkt.
Der damals erst 16-jährige Costa war nicht nur ein guter Freund Quintanas. Der Torhüter galt als eine Art Mentor. Ein gemeinsames Foto ist bis heute das Profilbild auf Costas Instagram-Account. “Eines Tages wirst du ein Champion sein”, habe Quintana ihm prophezeit, berichtete Costa einst.
Die Prophezeiung möchte Costa am liebsten schon bei diesem Turnier einlösen. Die Deutschen sind jedenfalls vor ihm gewarnt – aber nicht nur vor ihm. Denn als wäre ein Costa noch nicht genug, ist da ja auch noch sein Bruder.
Martim Costa ist drei Jahre älter als Francisco und hat in diesem Turnier ebenfalls bereits 33 Tore erzielt. Die beiden spielen nicht nur in der Nationalmannschaft zusammen, sondern auch im Verein bei Sporting Lissabon. Dort werden sie übrigens von ihrem Vater Ricardo trainiert. Zu dritt mischen die Costas auch dort den internationalen Handball auf, schlugen in der Champions League Topklub Paris Saint-Germain, rangen Veszprém (Ungarn) ein Unentschieden ab und mussten sich auch gegen die Füchse Berlin am Ende nur mit einem Tor geschlagen geben.