Lebensbedrohliche Symptome bei Kindern (und Erwachsenen)

10
News folgen

Das Reye-Syndrom betrifft meist Kinder und führt zu schweren Hirn- und Leberschäden. Welche Symptome das auslöst und was dahintersteckt, erfahren Sie hier.

Beim Reye-Syndrom handelt es sich um eine plötzlich auftretende, nicht entzündliche Erkrankung des Gehirns (Fachbegriff: Enzephalopathie) in Kombination mit einer Leberverfettung und akutem Leberversagen. Der Gesundheitszustand der Betroffenen verschlechtert sich typischerweise rasch – häufig lebensbedrohlich.

Normalerweise erkranken aber nur diejenigen am Reye-Syndrom, die unter bestimmten Umständen bestimmte Medikamente einnehmen. Seit Fachleute dies erkannt haben und die Bevölkerung entsprechend warnen, ist die Zahl der Fälle stark gesunken.

Mittlerweile ist das Reye-Syndrom selten. Damit es so bleibt, möchten auch wir mit den folgenden Fragen und Antworten über das Risiko informieren.

Als Auslöser für das Reye-Syndrom gelten Wirkstoffe aus der Gruppe der Salicylate – allen voran Acetylsalicylsäure (ASS), deren Einsatz als schmerzlinderndes, fiebersenkendes und entzündungshemmendes Mittel sowie zur Vorbeugung von Blutgerinnseln weitverbreitet ist.

Allerdings scheint die Einnahme von Acetylsalicylsäure nur unter bestimmten Voraussetzungen zum Reye-Syndrom zu führen: Die Erkrankung tritt hauptsächlich bei Kindern auf, die ASS während einer meist durch Viren ausgelösten akuten Infektion (wie Windpocken, Grippe oder virale Magen-Darm-Infekte) erhalten.

Vereinzelt können auch andere Erkrankungen für das Reye-Syndrom mitverantwortlich sein, etwa eine seltene angeborene Stoffwechselstörung (vor allem im Fettsäurestoffwechsel).

Warum manche Menschen unter den genannten Umständen das Reye-Syndrom entwickeln, andere hingegen nicht, ist jedoch unklar. Die genaue Ursache der Hirn- und Leberfunktionsstörung ist also bislang unbekannt.

Immerhin lassen sich die für das Reye-Syndrom typischen Symptome dadurch erklären, dass bei den Betroffenen bestimmte Zellbestandteile – die Mitochondrien – der Leberzellen geschädigt sind und somit ihre Funktion nicht mehr erfüllen können (was bedeutet, dass der Stoffwechsel in der Leber gestört ist). Möglicherweise ruft Acetylsalicylsäure diese Schäden hervor oder trägt zu deren Aufrechterhaltung bei.

Benannt ist das Reye-Syndrom nach dem australischen Pathologen R. D. K. Reye, der das Krankheitsbild im Jahr 1963 als Erster beschrieben hat. Richtig ausgesprochen klingt “Reye” übrigens so wie der englische Name “Ray”.

In den meisten Fällen tritt das Reye-Syndrom nach Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) auf. Doch auch andere Stoffe stehen im Verdacht, die schwere Hirn- und Lebererkrankung auslösen zu können. Dazu zählen etwa:

  • Mittel gegen Epilepsie (sogenannte Antiepileptika) wie Valproinsäure
  • als sogenannte Neuroleptika eingesetzte Arzneistoffe namens Phenothiazine
  • verschiedene natürliche Pflanzenstoffe

Dass sich das Reye-Syndrom durch Ibuprofen, Paracetamol oder sonstige schmerzstillende und fiebersenkende Mittel außer Acetylsalicylsäure auslösen lässt, ist aber erfahrungsgemäß ausgeschlossen.

Es können 12 Stunden bis 3 Wochen vergehen, bis sich das Reye-Syndrom bemerkbar macht. Am häufigsten setzen die Symptome etwa 3 bis 6 Tage nach der Genesung von einem Virusinfekt ein, in dessen Verlauf die betroffene Person Acetylsalicylsäure eingenommen hat.

Typische erste Anzeichen für das Reye-Syndrom sind:

  • Fieber
  • Übelkeit
  • heftiges Erbrechen
  • Kopfschmerzen
  • Reizbarkeit
  • Verwirrtheit
  • Teilnahmslosigkeit

Für gewöhnlich schreitet die Funktionsstörung von Hirn und Leber beim Reye-Syndrom rasch fort, sodass sich die Symptome ohne passende Behandlung innerhalb weniger Tage deutlich verschlimmern. Die Betroffenen zeigen zunehmende Bewusstseinsstörungen wie Schläfrigkeit bis hin zum Koma. Zu den weiteren möglichen Anzeichen zählen:

  • körperliche Erstarrung
  • beschleunigter Herzschlag
  • vertiefte und/oder beschleunigte Atmung (Hyperventilation)
  • starre und erweiterte Pupillen
  • epileptische Anfälle
  • gesteigerte Reflexe oder Ausfall der Reflexe
  • schlaffe Lähmung
  • Atemstillstand

Übrigens: Die beim Reye-Syndrom auftretenden Symptome lassen sich allesamt auf den gestörten Leberstoffwechsel zurückführen. Denn dieser hat unter anderem zur Folge, dass

  • die Leber verfettet, was ihre Funktion zusätzlich beeinträchtigt,
  • der Blutzuckerspiegel sinkt, die Betroffenen also unterzuckert (hypoglykämisch) sind,
  • der Säuregehalt im Blut ansteigt (wodurch dessen pH-Wert sinkt), es also zur Übersäuerung (Azidose) kommt,
  • sich Ammoniak anreichert, das eine giftige Wirkung auf das Nervensystem hat, und dadurch
  • im Gehirn eine Flüssigkeitsansammlung (Hirnödem) mit erhöhtem Hirndruck entsteht.

Überwiegend kommt es im Kindesalter – genauer: zwischen dem vierten und neunten Lebensjahr – zum Reye-Syndrom. Bei Erwachsenen, Jugendlichen sowie älteren und jüngeren Kindern kann die Funktionsstörung von Leber und Hirn aber ebenfalls auftreten, wenn auch nur äußerst selten.

Bei Verdacht auf das Reye-Syndrom kann ein Bluttest wichtige Hinweise für die Diagnose liefern. Wenn die Leberfunktion gestört ist, ergibt die Laboruntersuchung der Blutprobe typischerweise bestimmte Veränderungen, wie:

  • erhöhte Leberwerte
  • erhöhte Ammoniakwerte
  • niedrige Blutzuckerwerte
  • niedrigen pH-Wert
  • verlangsamte Blutgerinnung

Um die Verdachtsdiagnose zu erhärten, kommen verschiedene zusätzliche Untersuchungen infrage. Dazu zählen etwa:

  • eine Lumbalpunktion, also die Entnahme von Hirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) aus dem Wirbelkanal, um darin die Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) zu bestimmen.
  • eine Leberbiopsie, also die Entnahme und mikroskopische Untersuchung einer Gewebeprobe aus der Leber, um eine Leberverfettung mit Schäden an den Mitochondrien nachzuweisen.
  • bildgebende Untersuchungen wie eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Schädels, um zu prüfen, ob sich im Gehirn Wassereinlagerungen gebildet haben.

Möglicherweise sind weitere Untersuchungen nötig, um andere Ursachen für die gestörte Hirn- oder Leberfunktion auszuschließen und so das Reye-Syndrom sicher zu diagnostizieren.

Ohne schnelle Therapie verläuft das Reye-Syndrom oft tödlich. Um keine Zeit zu verlieren, erfolgt daher normalerweise bereits bei Verdacht auf das Reye-Syndrom die sofortige Einweisung in ein Krankenhaus: Erst dort finden dann die genannten Untersuchungen statt – bei gleichzeitiger intensivmedizinischer Versorgung.

Welche Behandlung hilft beim Reye-Syndrom?

Da die genaue Ursache für das Reye-Syndrom unbekannt ist, zielt die Behandlung ausschließlich darauf ab, die Symptome zu lindern und die Leberfunktion zu unterstützen. Entscheidend ist, dass die Therapie bereits im Frühstadium beginnt und unter intensivmedizinischer Überwachung erfolgt: Dann haben die Betroffenen gute Chancen, zu überleben und vollständig zu genesen.

Die intensivmedizinische Überwachung beim Reye-Syndrom beinhaltet unter anderem, den Hirndruck, die Herz-Kreislauf-Funktion und die Laborwerte engmaschig zu kontrollieren. Mitunter benötigen die Betroffenen auch schon früh invasive (also in den Körper eindringende) medizinische Maßnahmen, wie etwa: