Robert F. Kennedy Jr. ist bekannt für seine Skepsis gegenüber Impfstoffen und seine wechselhafte Haltung zum Abtreibungsrecht. Dass die demokratischen Senatoren ihn während der Anhörung vor dem Finanzausschuss dafür unter Druck setzen würden, war absehbar.
Doch einen seiner schwächsten Momente hatte Donald Trumps Wunschkandidat für das Gesundheitsministerium im Gespräch mit dem Republikaner Bill Cassidy. Als der Senator und Mediziner nach Details zu den beiden staatlichen Gesundheitsprogrammen Medicaid und Medicare für Niedrigverdiener und ältere Menschen fragte, musste Kennedy mehrfach passen. Er zog sich auf Floskeln wie die zurück, er kenne die Antwort nicht, freue sich aber auf die Gelegenheit, „Optionen mit ihnen zu erarbeiten“.
Nach einer Reform des milliardenschweren Medicaid-Programms gefragt, deren Verschlankung die Republikaner fordern, antwortete der 71 Jahre alte Kandidat, da gebe es „viele Dinge“, die man tun könne. Er habe „keinen umfassenden Vorschlag für den Abbau“. Spätere Äußerungen legten offen, dass Kennedy weder genau über die Finanzierung der Gesundheitsprogramme im Bilde ist, noch darüber, wie sie genau aussehen.
Unwissen über Medicare und Medicaid
Er sprach unter anderem von „zu hohen“ Beiträgen und Selbstbeteiligungen, die die meisten der Medicaid-Beziehenden überhaupt nicht bezahlen. Der Neffe des 1963 ermordeten Präsidenten John F. Kennedy hat bis zur zweiten Anhörung am Donnerstag Zeit, sich genauer in dieses Thema einzuarbeiten. Als Gesundheitsminister wäre er künftig für die Überwachung und Verwaltung der staatlichen Gesundheitsprogramme zuständig.
Im Übrigen waren von Kennedy während der rund dreieinhalb Stunden langen Anhörung vor allem zwei Sätze immer wieder zu hören: „Jede Abtreibung ist eine Tragödie“ und „Ich unterstütze Impfungen“. Der führende Demokrat des Finanzausschusses, Ron Wyden, äußerte zu Beginn der Anhörung, Kennedy dürfe nicht mit der Gesundheit und dem Wohlergehen der Amerikaner betraut werden. Er habe es zu seinem Lebenswerk gemacht, „Zweifel zu säen und Eltern davon abzuhalten, ihre Kinder zu impfen“.
Doch es war der linke Senator Bernie Sanders aus Vermont, der Kennedy in dieser Sache am heftigsten angriff. Er verwies auf die von dem früheren Umweltanwalt gegründete Anti-Impf-Organisation „Children’s Health Defense“, die Kennedy bis April 2023 leitete, und die Anti-Impf-Strampler für Babys verkauft. Auf denen heißt es etwa: „Nicht geimpft? Kein Problem“. Ob Kennedy diese Botschaft unterstütze, fragte Sanders. Der wiederum blieb bei seiner Antwort: Er unterstütze Impfungen und wolle „gute Wissenschaft“.
Hält sich Hintertüren offen
Das freilich ist die Hintertür, die Kennedy in der Regel offenlässt, wenn er über Impfungen spricht. In den Nullerjahren begann er, sich kritisch zu Impfstoffen zu äußern. Er verbreitete unter anderem die Theorie, Autismus komme von Impfungen im Kindesalter, und wurde in der Corona-Pandemie eine der führenden Stimmen der Impfgegner. Vor drei Jahren veröffentlichte Kennedy ein Buch über Amerikas früheren obersten Immunologen Anthony Fauci, in dem er ihm vorwarf, die Todeszahlen absichtlich in die Höhe getrieben zu haben. Er selbst empfahl das Entwurmungsmittel Ivermectin zur Corona-Behandlung. In einem Podcast 2022 äußerte er, „keine Impfung“ sei sicher.
Doch seit seiner kurzen Präsidentschaftskandidatur und Trumps Nominierung gibt sich Kennedy zurückhaltender. Am Mittwoch hob er hervor, seine Kinder seien auch geimpft. „Ich bin kein Impfgegner“, sagte er in seiner Eröffnungsrede. Er sei „pro Sicherheit“. Er habe ja auch jahrelang vor giftigen Chemikalien in Fischen gewarnt und niemand habe ihn als „Fisch-Gegner“ bezeichnet.
In seinen öffentlichen Äußerungen bezieht sich Kennedy dieser Tage vor allem auf den Kampf gegen die allgemein schlechte Gesundheitslage. Sein Slogan lautet, er werde die Amerikaner „wieder gesund machen“. Am Mittwoch sagte Kennedy, Trumps Ziel einer starken amerikanischen Nation könne man nicht erreichen, „wenn unsere Leute so krank sind“. Er werde das ändern und dabei „radikale Transparenz“ an den Tag legen.
Wendehals beim Thema Abtreibungen
Die demokratische Senatorin Maggie Hassan legte am Mittwoch bei einem Thema den Finger in die Wunde, das einigen erzkonservativen Republikanern in Bezug auf Kennedy Bauchschmerzen bereitet. Es sei ja erfreulich, dass ihre republikanischen Kollegen so bereitwillig für einen Kandidaten stimmten, der „pro choice“, also für Selbstbestimmung bei Schwangerschaftsabbrüchen sei. Auf einer Wahlkampfveranstaltung in New Hampshire hatte Kennedy 2024 gesagt, die Regierung solle sich nicht in diese Angelegenheit einmischen.
Am Mittwoch wollte Kennedy dann nur immer wieder hervorheben, er sei ganz der Meinung Trumps – jede Abtreibung sei eine „Tragödie“ und auch in Bezug auf den Umgang mit der Abtreibungspille Mifepriston werde er sich ganz nach der Entscheidung des Präsidenten richten. Hassan setzte daraufhin nach: Ob Kennedy also einfach alles ausführe, was Trump wolle? Darauf gab Kennedy wiederum keine Antwort.
Doch es dürfte wie auch im Falle des Verteidigungsministers Hegseth knapp werden mit der Bestätigung im Senat. Nur drei Republikaner können am Ende mit Nein stimmen, sonst wäre Trumps Kandidat für das Gesundheitsministerium durchgefallen. Und Cassidy wollte sich erst nach der folgenden Anhörung am Donnerstag zu seiner Entscheidung äußern.