Schwacher Export und wenig Investitionen

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Die Wirtschaft im Euroraum ist zur Jahreswende zum Stillstand gekommen. Eine erste Schätzung des europäischen Statistikamts zeigt das reale Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal des vergangenen Jahres unverändert gegenüber dem Vorquartal. Nach der verhaltenen Erholung im Verlauf des vergangenen Jahres fällt die Wirtschaft in der Währungsunion damit vorerst in die Stagnation des Jahres 2023 zurück.

Entscheidend dafür ist, dass in den beiden größten Volkswirtschaften der Währungsunion, die derzeit beide politische Turbulenzen durchschreiten, die Wirtschaftsleistung am Jahresende schrumpfte. Für Deutschland meldete das Statistische Bundesamt am Donnerstag ein Minus von 0,2 Prozent für den Zeitraum von Oktober bis Dezember. Das reale Bruttoinlandsprodukt schrumpfte damit noch stärker als zuvor von den Statistikern geschätzt. In Frankreich verringerte die Wirtschaftsleistung sich im Jahresschlussquartal um 0,1 Prozent.

Jenseits des Rheins ist das Minus ein im Prinzip erwarteter Rückschlag, nachdem die Olympischen Spiele in Paris im Spätsommer die Konjunktur angeschoben hatten. Diesseits des Rheins spiegelt die Schrumpfung den schlechten Zustand der deutschen Wirtschaft, die seit 2022 aus der andauernden Stagnation oder leichten Rezession nicht herausfindet.

Nur Spanien sticht unter den vier großen Volkswirtschaften heraus

Auch in Italien schleppt die Wirtschaft sich weiter dahin und stagnierte am Jahresende wie schon zuvor. Unter den vier großen Volkswirtschaften im Euroraum weist nur Spanien im vierten Quartal des vergangenen Jahres ein solides Wachstum mit 0,8 Prozent auf.

Gestützt auch auf den Tourismus, wuchs die spanische Volkswirtschaft im vergangenen Jahr insgesamt um 3,2 Prozent. Frankreich weist 1,1 Prozent aus, so wie schon im Vorjahr. In Italien legte das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr nach der ersten Schätzung um 0,5 Prozent zu und schwächte sich weiter ab. Die deutsche Wirtschaft schrumpfte im vergangenen Jahr das zweite Mal nacheinander, und zwar um 0,2 Prozent.

Für den Euroraum insgesamt wird für das vergangene Jahr ein Wirtschaftswachstum von etwa 0,8 Prozent geschätzt. Die Statistiker haben sich noch nicht geäußert. 2023 war die Wirtschaft in der Währungsunion um magere 0,4 Prozent gewachsen. Für dieses Jahr prognostiziert der Internationale Währungsfonds dem Euroraum eine kleine Wachstumsbeschleunigung auf ein Prozent. Ökonomen von Finanzinstituten betonten am Donnerstag, dass die wirtschaftliche Stagnation im Euroraum am Jahresende 2024 wegen Sonderfaktoren die Entwicklung unterzeichne. Einhellig wird aber nur eine verhaltene Erholung erwartet.

Für Deutschland rechnet die Bundesregierung für dieses Jahr mit einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent. Damit liegt sie in etwa im Durchschnitt der Prognosen von Finanz- und Wirtschaftsforschungsinstituten.

„Wir haben in den letzten drei Jahren fiskalpolitisch keine Wachstumsimpulse gesetzt, anders als andere Länder“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Bundestag, der für eine Lockerung der Schuldenbremse eintritt. Habeck wirbt für auch schuldenfinanzierte „tax credits“, Steuernachlässe nach amerikanischem Vorbild, um die Investitionen privater Unternehmen in Deutschland zu stärken.

„Die Angst vor Arbeitslosigkeit kriecht in die deutschen Küchen und Wohnzimmer“, konstatierte in der wirtschaftspolitischen Debatte dagegen der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union Jens Spahn. Er verwies auf zwei Rezessionsjahre und die steigende Arbeitslosigkeit. Unternehmen, die es könnten, investierten im Ausland. „Sie haben Deutschland und die Deutschen ärmer gemacht als jemals ein Wirtschaftsminister zuvor“, warf Spahn Habeck vor.

Ökonomen sehen zunehmend eine Standortschwäche in Deutschland

Der Ko-Vorsitzende der SPD Lars Klingbeil warb für den von seiner Partei geplanten „Deutschlandfonds“ für mehr Investitionen. „500 Milliarden nehmen die Amerikaner in die Hand, um Künstliche Intelligenz voranzubringen. Und wir reden hier über die Schuldenbremse”, kritisierte Klingbeil. Er unterschlug dabei, dass die 500 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten nicht vom Staat, sondern von amerikanischen und internationalen Investoren kommen. Deutschland schafft es derzeit nicht, internationale Investoren in großem Stil anzulocken, um die geringen Investitionen der heimischen Unternehmen auszugleichen. Ökonomen sehen zunehmend eine Standortschwäche und weniger eine konjunkturelle Nachfrageschwäche als Grund für die deutsche Wachstumsschwäche.

Auch in Frankreich zeigte sich 2024 eine deutliche Investitionsschwäche. Die Investitionen der Unternehmen gingen um 1,6 Prozent zurück, während der Konsum – anders als in Deutschland – um 0,9 Prozent vergleichsweise robust zulegte. Die Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik und der Inflationsschock der vergangenen Jahre werden als Grund für die Kaufzurückhaltung der deutschen Konsumenten angesehen. Diese haben ihre Sparquote im vergangenen Jahr gesteigert, anstatt die höheren Einkommen für Konsumgüter auszugeben.

Die ersten Hinweise auf die Wachstumskräfte im Euroraum deuten darauf hin, dass am Jahresende ein schwacher Export die Konjunktur bremste. Für Deutschland erklärte das Statistische Bundesamt, dass die privaten und staatlichen Konsumausgaben nach derzeitigen Erkenntnissen im vierten Quartal gestiegen seien, während der Export deutlich niedriger als im Vorquartal gewesen sei. Frankreich meldete das zweite Quartal nacheinander einen rückläufigen Export. Das kräftige Wirtschaftswachstum in Spanien stützt sich auf die Binnenwirtschaft. In Italien indes trug der Außenhandel am Jahresende positiv zum Wachstum bei.