Ausgerechnet SK Hynix. Der heimische Erzrivale des südkoreanischen Elektronik-Riesen Samsung Electronics hat im Schlussquartal 2024 erstmals mehr Gewinn eingefahren als der Branchenprimus. Vor allem der technische Vorsprung bei Halbleitern, die für Rechenzentren mit Künstlicher Intelligenz (KI) derzeit reißenden Absatz finden, hat den eigentlich sehr viel kleineren Hersteller in den vergangenen zwei Jahren rasant wachsen lassen. Der weltgrößte Speicherchiphersteller Samsung muss sich dagegen weiter strecken, um mit der neuen Technologie Schritt zu halten, wie die Vorlage der Jahreszahlen am Freitag verdeutlichte.
Schwächelnde Verkäufe und hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung haben zu schlechteren Ergebnissen geführt als die Märkte erwartet hatten. 35 Billionen Won (21 Milliarden Euro) steckten die Koreaner im vergangenen Jahr in die Forschung – gut ein Viertel mehr als im Jahr zuvor. In diesem Jahr sollten diese Ausgaben auf ähnlich hohem Niveau bleiben, hieß es am Freitag. Die hohen Forschungsausgaben seien nötig „zur Sicherung der künftigen Technologieführerschaft“, sagte der zuständige Manager für das Speicherchipgeschäft, Kim Jae-june, in einer Telefonkonferenz. Das Ziel ist, bei den Breitbandspeichern namens High Bandwidth Memory (HBM) zu SK Hynix aufzuschließen.
Während der koreanische Rivale diese Chips schon seit langem unter anderem an den kalifornischen KI-Vorreiter Nvidia verkauft, hatte Samsung bislang nicht dessen Qualitätstests bestanden. Am Freitag meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg zwar, dass Samsung inzwischen eine erste Liefergenehmigung von Nvidia erhalten habe. Dabei gehe es noch immer nicht um die jüngste Generation von HBM-Chips.
Nachfrage nach Flaggschiffen schwächelt
Sowohl im Halbleiter- als auch im Smartphone-Geschäft, den beiden wichtigsten Säulen des Konzerns, sanken die Betriebsgewinne zwischen Oktober und Dezember kräftig um jeweils rund ein Viertel gegenüber dem Vorquartal. Mit Chips verdiente Samsung noch 2,9 Billionen Won (1,9 Milliarden Euro), mit seiner Handy- und Netzwerksparte 2,1 Billionen Won (1,4 Milliarden Euro).
Im Geschäft mit Mobiltelefonen begründete der zuständige Manager Daniel Aurajo den Rückgang mit einer nachlassenden Nachfrage nach den neuen „Flaggschiff-Modellen“. Samsung hatte im Sommer einige neue Smartphones und andere Geräte auf den Markt gebracht. Die Nachfrage werde auch im angelaufenen ersten Quartal noch durchwachsen bleiben, sagte Aurajo. Einen nächsten Nachfrageschub erwarte er, wenn die KI-Technologien, die Samsung schon in seinen hochpreisigen Geräten integriert hat, auch in die preiswerteren Smartphones kommen.
Die weltweit schleppende Nachfrage nach Smartphones, Computern und anderen Geräten macht dem Elektronikkonzern auch im Geschäft mit Halbleitern zu schaffen. Denn einen großen Teil seiner Chips verkauft das Unternehmen an die Hersteller von Smartphones und anderen Elektronikartikeln. Neben der schwachen Nachfrage bringt in dem Segment auch die zunehmende Konkurrenz aus China den Platzhirschen in Bedrängnis. Samsung kündigte an, sein Portfolio in der Halbleiterproduktion künftig noch stärker auf die neuartigsten und leistungsfähigsten Chips auszurichten.
Trump kann “substantielle Auswirkungen“ haben
Mit Vorhersagen zum laufenden Geschäftsjahr taten sich die versammelten Samsung-Manager allerdings schwer. Die Präsidentschaft Donald Trumps werde signifikante Veränderungen für den Welthandel mit sich bringen. „Dass das substantielle Auswirkungen auf ein global tätiges Unternehmen haben wird, ist unausweichlich“, sagte Finanzvorstand Park Soon-cheol. Der Konzern bemühe sich, mögliche Risiken früh zu erkennen und gegenzusteuern. Auch die zusätzlichen Exportbeschränkungen für Halbleiter nach China, die noch der alte Präsident Joe Biden erhoben hatte, schneiden die Koreaner von einem Teil ihrer Kundschaft ab.
Unklar ist zudem, welche Auswirkungen das chinesische KI-Programm Deepseek auf die Branche haben wird, das mit vergleichsweise einfachen Chips und zu deutlich geringeren Kosten ähnliche KI-Leistungen erbringt wie ChatGTP und andere westliche Produkte. Den Aktienkurs des amerikanischen Nvidia-Konzerns hatte das Aufkommen von Deepseek zeitweise um 20 Prozent einbrechen lassen. Der Kurs seines wichtigen Zulieferers SK Hynix brach am Freitag – dem ersten Handelstag nach einigen Feiertagen – zeitweise um 12 Prozent ein.
Samsungs Speicherchip-Chef Kim antwortete salomonisch auf die Frage nach den Folgen. „Wir erwarten, dass langfristige Chancen und kurzfristige Risiken im Markt koexistieren, auch wenn es zu früh ist, dies mit begrenzten Informationen zu beurteilen“, sagte er. „Das Unternehmen wird sich rasch auf den sich schnell verändernden KI-Markt einstellen, indem es auf die Branchentrends achtet.“ Zuletzt war das Samsung mäßig gelungen. Die Aktie gab an der Börse in Seoul 2,7 Prozent ab.
Kim Dong-won von dem koreanischen Handelshaus KB Securities gab sich nach der Zahlenvorlage optimistisch, dass Samsung bis zum dritten Quartal in der Lage sein werde, die neuesten 12-lagigen HBM-Speicher so zuverlässig herstellen zu können, dass der Konzern sie an Nvidia und auch an andere Tech-Größen wie Google und Amazon liefern könne. „Ich erwarte, dass die Ergebnisse in den nächsten Quartalen an Boden gewinnen“, sagte Kim.