Unnötig, kostspielig, gefährlich. Mit diesen Worten kommentierte der Präsident des Institut für Weltwirtschaft in Kiel, Moritz Schularick, den am Wochenende eskalierten Zollkonflikt zwischen den Vereinigten Staaten sowie Kanada, Mexiko und China. „Die Zollkriege von 2025 haben begonnen, vom Zaun gebrochen vom amerikanischen Präsidenten Donald Trump“, sagte Schularick.
Kanada hat schon Gegenzölle angekündigt, auch Mexiko droht damit. „Das gleiche wird auch die EU machen müssen“, sagte Monika Schnitzer, die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. „Der Welthandel wird dadurch deutlich beeinträchtigt. Am Ende werden alle Verlierer sein, Unternehmen und Konsumenten weltweit.“
Deutschland droht abermalige Rezession
Deutschland droht als Folge der Handelsauseinandersetzung möglicherweise ein weiteres Jahr mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung. „Die wirtschaftliche Situation in Deutschland ist schon jetzt, auch ohne Handelskrieg, nicht einfach“, sagte Schnitzer. „Es ist nicht auszuschließen, dass durch die Handelsturbulenzen Deutschland ein drittes Rezessionsjahr in Folge erleben wird.“
Schularick aus Kiel verweist auf Effekte durch Unsicherheit und ein niedrigeres Exportwachstum in einer Größenordnung von etwa 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das sei beherrschbar. Das Kieler Institut erwartet für dieses Jahr eine Stagnation der deutschen Wirtschaft und hat in dieser Prognose die Effekte eines möglichen Handelskriegs schon berücksichtigt. „Bei einer Zuspitzung kann das deutsche Wachstum auch wieder negativ werden“, warnte Schularick indes. Der Präsident des Ifo-Institut in München, Clemens Fuest, schließt positive Effekte für die europäische Wirtschaft nicht aus, sollte der Handelskrieg auf Nordamerika beschränkt bleiben und Handel nach Europa umgelenkt werden.
Zölle ein Weckruf für die EU
Europa ist ein weiteres Ziel für Trumps Zölle. Der amerikanische Präsident kritisiert, dass die Europäische Union ein Handelsbilanzüberschuss mit Amerika hat, und fühlt sich schlecht behandelt. Ökonomen empfehlen der EU einhellig, im Fall von Zöllen gegen Europa geschlossen dagegen vorzugehen und sich nicht auseinanderdividieren zu lassen. „Die Europäische Union muss Geschlossenheit zeigen und Gegenmaßnahmen vorbereiten, aber gleichzeitig signalisieren, dass man keinen Zollkrieg will“, sagte Fuest.
„Natürlich sollte die EU verhandeln, um die Zölle abzuwenden. Verhandeln kann sie aber nur aus einer Position der Stärke heraus“, sagte Ökonomin Schnitzer. „Um eine Position der Stärke zu erreichen, muss die EU auch in den Bereichen stärker werden, in den wir aktuell besonders von den USA abhängig sind.“ Schnitzer verwies als Beispiel auf Technologien wie Künstliche Intelligenz und die dafür benötigten Hochleistungschips. „Wenn die erratische Politik Trumps zu einem Weckruf in der EU führt, dann könnte sich das Blatt am Ende auch für die EU noch zum Besseren wenden.“
Mehr Investitionen die richtige Antwort auf Trump
„Makroökonomisch ist die richtige Antwort auf Trump, massiv die Investitionen in Europa zu steigern“, sagte Schularick. „Dann sinkt der Handelsüberschuss auch ohne Handelsfriktionen. Dann sind alle zufrieden, nichts wird teurer.“ Der Kieler Ökonom rät zu einer „robusten Antwort“ auf mögliche amerikanische Zölle. Die EU-Staaten sollten aber gegenüber dem Rest der Welt die Handelsliberalisierung vorantreiben und den regelbasierte Handel hochhalten. Freihandel auch mit den Vereinigten Staaten sei wünschenswert, aber nicht realistisch. Eine Gefahr, dass sich mit der zweiten Amtszeit von Trump der Welthandel und das Welthandelssystem wie schon einmal vor rund 100 Jahren desintegriere, sieht Schularick nicht, „solange die EU Vorreiter von Offenheit und Freihandel mit dem Rest der Welt bleibt“.
Handelspolitik sei nicht ohne die Sicherheitspolitik zu denken, erklärte Schularick ferner. „Solange Europa in der Sicherheit von den USA abhängig ist, bleiben wir von Trump erpressbar, und er wird es ausnutzen.“ Das gelte es in der Debatte um Verteidigungsausgaben zu beachten.