Präsident Donald Trump entfesselt einen Handelskrieg mit Kanada und Mexiko. Die Länder, die mit den Vereinigten Staaten in einem unter Trump neu ausgehandelten Freihandelspakt verbunden sind, bekamen keine Chance, die Zölle in Höhe von 25 Prozent auf nahezu alle Importe abzuwenden. Trump gibt damit einen Vorgeschmack darauf, was dem Rest der Welt droht, egal ob Freund oder Feind. Es kann alle treffen. Diese Zölle waren nur eine erste Salve.
Speziell im Fall von Kanada ist nie klar geworden, wofür das Land gemaßregelt wird. Trumps Begründung, über die Grenze mit Kanada strömten Ausländer und das tödliche Rauschgift Fentanyl illegal in die USA, ist grotesk. Im Vergleich zum Zustrom über die mexikanische Grenze und zu den vielen Menschen, die erst mit Visa einreisen und dann über die erlaubte Zeit hinaus bleiben (wie Trumps Ehefrau Melania), sind die Zahlen der Migranten aus Kanada klein.
Das Fentanyl aus Kanada ist sogar verschwindend gering mit geschätzten 0,2 Prozent der Menge, die einen Markt erreichen, den die USA mit einer unverantwortlichen Politik selbst geschaffen haben. Unabhängig davon sind die USA selbst für die Sicherung ihrer Grenze und speziell dafür zuständig, dass Unerwünschte und Unerwünschtes nicht ins Land kommen. Trump bestraft andere dafür, dass die US-Regierung einer ihrer Kernaufgaben nicht nachkommt.
Trumps feindseliger Akt stößt Kanada voraussichtlich in eine Rezession. Die USA tun das einem Land an, das als NATO-Partner nach 9/11 an ihrer Seite in Afghanistan focht, große Waldfeuer löschen half und auf Ersuchen der US-Justiz die Finanzchefin des chinesischen Huawei-Konzerns festsetzte, weil sie US-Sanktionsregeln gebrochen habe. Kanada zahlt für die Loyalität einen hohen Preis.
Kaum ein Entkommen für betroffene Länder
Die brutale Rohheit dieser Zölle zeigt sich darin, dass es für die betroffenen Länder kaum ein Entkommen gibt. Schon jetzt kooperieren Mexiko und Kanada in der Grenzsicherung und der Verfolgung von Drogenschmuggel. Während die Vereinigten Staaten wegen der Macht der Drogenkartelle berechtigte Zweifel an Mexikos Entschlossenheit hegen mag, kann das für Kanada nicht gelten. Deshalb muss man bei Trump andere Motive vermuten. Dass sich hinter seinen als Witzchen getarnten Äußerungen, Kanada als 51. Bundesstaat einzuverleiben, imperialistische Gelüste verbergen, kann man nicht länger ausschließen.
Überdies ist Trump generell von der Idee besessen, die Steuereinnahmen durch Zolleinnahmen zu ersetzen und damit Ausländer den amerikanischen Bundeshaushalt finanzieren zu lassen. Irgendjemand hat ihm ins Ohr geflüstert, dass es Amerika am besten Ende des 19. Jahrhundert erging, als die Wirtschaft boomte und der US-Haushalt vor allem aus Zolleinnahmen gespeist wurde. Historiker sind sich ziemlich einig, dass der Boom nicht wegen, sondern trotz hoher Zölle existierte dank gewaltiger Produktivitätsfortschritte im Zuge der industriellen Revolution und Masseneinwanderung. Aber das glaubt Trump nicht.
Verstörend ist überdies, dass Trump auf Verträge pfeift, selbst wenn sie unter seiner Ägide ausgehandelt wurden, wie das nordamerikanische Freihandelsabkommen. Das ist so beunruhigend, weil wichtige Handelspartner wie Deutschland und seine Unternehmen mit dem Risiko leben müssen, dass etwaige Verhandlungslösungen mit den Vereinigten Staaten die Bytes nicht wert sind, die sie beanspruchen. Bemerkenswert ist, dass Einfuhren aus China nur mit zehn Prozent belastet werden, obwohl Trump doch eigentlich mit 60 Prozent gedroht hatte. China ist mit seine unlauteren Handelspraktiken, Cyberattacken und Ausspähversuchen damit ungefähr genauso belastet wie der alte Freund und Bündnispartner Kanada. Das ist auch ein Zeichen für neues Zeitalter.
Die brutalen Zölle auf die Importe der Nachbarn sind feindselig, unmoralisch, dumm und rücksichtslos. Er wird die US-Amerikaner treffen, die teurer tanken, heizen und essen werden. Manches Auto werden sie sich nicht mehr leisten können. Denn Autos überqueren im nordamerikanischen Fertigungsprozess bis zu achtmal die Grenzen. Wenn Mexiko und Kanada nun zurückschlagen mit Zöllen, verteuert sich bei jedem Grenzübertritt das Fahrzeug. Kanada und Mexiko drohen auf diese Wirtschaftskrisen, die unter anderem zur Folge haben dürften, dass sich die Migration nach den USA vergrößern wird. Das ist das Gegenteil von dem, was Trump erreichen will. Dieser Präsident agiert wie Staatenlenker, der glaubt, in dieser gefährlichen Welt ohne Freunde auszukommen. Das erscheint ungewöhnlich ignorant.