Mehr Lebensqualität: Spanien reduziert die Wochenarbeitszeit

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Während in Ländern wie Deutschland gefordert wird, wieder länger zu arbeiten, will Spanien die 37,5-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich gesetzlich festschreiben. Einen entsprechenden Gesetzentwurf billigte am Dienstag das Kabinett der linken Minderheitsregierung. In einem Eilverfahren soll der Plan bis zum Jahresende in Kraft treten.

In Spanien gilt zwar seit 1983 die 40-Stunden-Woche. Tatsächlich arbeiten viele Angestellte aber deutlich weniger. Für die etwa drei Millionen Staatsbediensteten und in vielen großen Unternehmen gilt schon länger die 37,5-Stunden-Woche.

Weniger Arbeit, gleiches Gehalt

Laut dem Arbeitsministerium werden insgesamt mehr als zwölf Millionen Arbeitnehmer von der Maßnahme profitieren – das Gehalt bleibt unverändert. Das ist vor allem bei den kleinen und Kleinstunternehmen der Fall, die in Spanien dominieren. Nach Angaben ihres Verbandes Cepyme zählen sie mehr als acht Millionen Beschäftigte, besonders im Gast- und Baugewerbe sowie in der Landwirtschaft. Die Arbeitgeber erwarten zusätzliche Kosten von deutlich mehr als 20 Milliarden Euro.

Angesichts der weiter kräftig wachsenden Wirtschaft (3,2 Prozent im vergangenen Jahr) glaubt die linke Minderheitsregierung, das verkraften zu können und durch eine Steigerung der Produktivität auszugleichen, die im europäischen Vergleich niedrig ist. Die Verkürzung werde zudem die Lebensqualität und die Lage der Frauen verbessern sowie die CO2-Emissionen reduzieren, sagte die Arbeitsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Yolanda Díaz, die am Dienstag von einem „historischen Tag“ sprach.

Gleichzeitig will die Regierung die Arbeitszeiterfassung strenger überwachen und komplett digitalisieren. Sie will auch sicherstellen, dass die Vorgesetzten ihre Angestellten in der Freizeit in Ruhe lassen. Das Recht auf „digitale Entkopplung“ soll ebenfalls noch 2025 in einem Gesetz festgeschrieben werden. Wenn außerhalb der Arbeitszeit E-Mails und Mitteilungen kommen, könnten Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro drohen.

Unternehmen laufen Sturm

Der Unternehmerdachverband CEOE lehnte die Maßnahme ab. Die Arbeitgeber warnen davor, dass der Tourismus-Boom abnehmen könne und die EU-Fördermittel befristet seien, die bisher stark zum Wachstum beitragen. Die Arbeitgeber verlangen eine schrittweise Reduzierung der Wochenarbeitszeit und werfen der Regierung vor, sie habe die Tarifautonomie missachtet. In der Vergangenheit hatte sich die Arbeitsministerin bei wichtigen Reformen um Einvernehmen mit allen Tarifpartnern bemüht.

Die Arbeitszeitverkürzung ist eines der Wahlversprechen der linken Sumar-Partei von Yolanda Díaz. Um sie durchzusetzen, schreckte Díaz nicht vor einem offenen Konflikt mit Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo zurück, der mehr Rücksicht auf die Unternehmer gefordert hatte.

In einem nächsten Schritt will Díaz den gesetzlichen Mindestlohn um 50 Euro auf monatlich 1184 erhöhen. Zuerst muss die linke Minderheitsregierung jedoch um eine Mehrheit im Parlament kämpfen. Vor Kurzem scheiterte ein Gesetzespaket, der Haushalt für 2025 ist noch nicht auf dem Weg.