Prostatakrebs: Wann eine Hormontherapie sinnvoll ist

4
News folgen

Prostatakrebs gehört zu den Krebsarten mit den größten Heilungschancen. Er wächst oft langsam und ist gut behandelbar. Besonders dann, wenn er früh entdeckt wurde.

Neben Operation, Strahlen- und Chemotherapie ist die Hormontherapie eine weitere Behandlungsmöglichkeit bei Prostatakrebs. Sie kommt vor allem für Männer mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Prostatakrebs infrage. Ziel der Behandlung ist es, das Krebswachstum zu bremsen.

In Deutschland erkranken jährlich rund 65.000 Männer neu an Prostatakrebs. Ein hohes Lebensalter ist der größte Risikofaktor für das Prostatakarzinom: Bei Männern unter 50 Jahren tritt das Prostatakarzinom sehr selten auf. Im Alter von 75 Jahren sind 59 von 1.000 Männern betroffen.

“Viele Männer erhalten ihre Diagnose in einem frühen Stadium der Krebserkrankung. Häufig wächst der Krebs in den meisten Fällen langsam und die Heilungschancen sind gut”, sagt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. Nach Angaben des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert Koch-Institut (RKI) beträgt die relative 5-Jahres-Überlebensrate 89 Prozent, die relative 10-Jahres-Überlebensrate 88 Prozent.

Für die Früherkennung von Prostatakrebs haben Männer die Möglichkeit, ab 45 Jahren einmal jährlich die Tastuntersuchung durchführen zu lassen. Die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Allerdings lassen sich damit nicht zuverlässig alle Tumoren erkennen.

“Die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen ist freiwillig. Männer sollten sich über die entsprechenden Angebote sowie ihre Vor- und Nachteile informieren, bevor sie sich für oder gegen eine Untersuchung entscheiden”, rät Weg-Remers. Das gilt besonders für eine weitere Option, den PSA-Test. Dabei wird die Menge des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut gemessen. Das Eiweiß wird nur in der Prostata gebildet.

Erhöhte Prostatawerte können ein möglicher Hinweis auf Prostatakrebs sein. Den PSA-Test müssen Männer selbst bezahlen, denn sein Nutzen ist trotz umfangreicher Forschung bisher nicht zweifelsfrei geklärt. Die Kosten betragen um die 30 Euro.

Nicht immer wird Prostatakrebs in einem frühen Stadium diagnostiziert, sodass er operativ entfernt oder allein mit einer Strahlentherapie behandelt werden kann. Die Hormontherapie bei Prostatakrebs, auch Antihormontherapie oder Hormonentzugstherapie genannt, wird dann eingesetzt, wenn der Krebs in einem örtlich fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird – meist als Ergänzung einer Strahlentherapie. Wichtig ist sie vor allem dann, wenn der Krebs bereits gestreut – also Metastasen gebildet – hat. Auch dann kann die Hormontherapie mit anderen Behandlungen kombiniert werden.

“Auch bei örtlich begrenztem Prostatakrebs, wenn eine Operation oder Strahlentherapie aus gesundheitlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann, ist die Antihormontherapie eine Option”, weiß die Krebsexpertin. “Sie kommt auch infrage, wenn ein Mann aufgrund seines hohen Alters keine belastende Behandlung möchte.” Denn was man dabei wissen muss: “Die Hormontherapie hat das Ziel, das Krebswachstum zu bremsen. Heilen kann diese Therapieform das Prostatakarzinom nicht.”

Die eingesetzten Substanzen hemmen die männlichen Sexualhormone (Androgene). Prostatakrebs benötigt für das Wachstum bei fast allen Männern Testosteron. Wird dem Krebs Testosteron entzogen, kann dies das Krebswachstum bei Prostatakrebs viele Monate bis Jahre verlangsamen – und teilweise sogar stoppen. Der Hormonentzug wird als Androgendeprivationstherapie bezeichnet. Im Rahmen der Hormontherapie können unterschiedliche Medikamente mit verschiedenen Wirkweisen eingesetzt werden, die entweder gespritzt (sechs Monate Wirkzeit) oder als Stäbchen unter die Haut implantiert werden (zwölf Monate Wirkzeit).

Dr. Susanne Weg-Remers
Dr. Susanne Weg-Remers (Quelle: DKFZ/Carina Kircher)

Dr. Susanne Weg-Remers ist Leiterin des Krebsinformationsdienstes (KID) am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Nach ihrem Abschluss hat sie in der Inneren Medizin sowie in der klinischen und Grundlagenforschung für Krebs gearbeitet.

“Die ‘klassische Hormontherapie’ erfolgt mit sogenannten GnRH-Agonisten, auch LHRH-Agonisten genannt, oder GnRH-Antagonisten, auch LHRH-Antagonisten genannt. Diese senken die Menge des Testosterons im Blut, indem sie die Produktion des Gonadotropin-Releasing-Hormons, kurz GnRH, bremsen. Dieser Botenstoff bewirkt, dass Testosteron in den Hoden gebildet wird”, erklärt Weg-Remers. “Zwei Beispiele für GnRH-Agonisten sind Goserelin oder Leuprorelin. Zu den GnRH-Antagonisten gehören die Wirkstoffe Degarelix und Relugolix.”

Während die GnRH-Agonisten und die GnRH-Antagonisten den Testosteronspiegel im Blut beeinflussen, setzen sogenannte Antiandrogene an den Testosteron-Bindestellen der Krebszellen an. Dadurch lässt sich verhindern, dass das Testosteron die Krebszellen zum Wachsen anregt. Die Testosteronkonzentration im Blut bleibt dabei unbeeinflusst. “Bicalutamid ist das bekannteste Antiandrogen. Das Medikament, das Männer als Tablette einnehmen, blockiert die Testosteron-Bindestellen in gesunden Prostatazellen und in Prostatakrebszellen”, sagt Weg-Remers.