Indien empört über „unmenschliche“ Behandlung

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In Indien sorgt die „unmenschliche“ Behandlung von illegalen indischen Einwanderern während ihrer Deportation aus den USA für Empörung. Die 104 Inder waren am Mittwoch mit einem amerikanischen Militärflugzeug des Typs Boeing C-17 im nordindischen Amritsar im Bundesstaat Punjab gelandet. Die Abschiebung von Indern ist an sich nicht ungewöhnlich, aber es war die erste seit der Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump und die erste in einem Militärflugzeug.

Den Berichten der indischen Presse zufolge waren die Inder während des Flugs an Händen und Füßen gefesselt. Oppositionspolitiker protestierten am Donnerstag lautstark im Parlament gegen das „erniedrigende“ Vorgehen der amerikanischen Behörden. Sie erhöhen damit den Druck auf Ministerpräsident Narendra Modi, das Schicksal illegaler indischer Migranten in den USA bei seinem für kommende Woche Donnerstag angekündigten Treffen mit Trump im Weißen Haus anzusprechen.

Ein Betroffener bezeichnete den Abschiebeflug der Zeitung „The Indian Express“ gegenüber als „schlimmer als die Hölle“. Die Migranten hätten 40 Stunden gefesselt in ihren Sitzen verbracht, ohne sich bewegen zu können. „Unsere Bitten an das Sicherheitspersonal, die Handschellen für ein paar Minuten abzunehmen, stießen auf taube Ohren. Die Reise war nicht nur körperlich schmerzhaft, sondern auch geistig anstrengend“, sagte der 40 Jahre alte Harwinder Singh.

Sorgen, dass Visa für Arbeitskräfte nicht erneuert werden

Indische Staatsbürger machen nach Migranten aus Mexiko und El Salvador einer Studie des Pew Research Center aus dem Jahr 2022 zufolge die drittgrößte Gruppe unter den Einwanderern ohne Aufenthaltsgenehmigung in den USA aus. Ihre Zahl wird auf insgesamt mindestens 725.000 geschätzt. Davon sollen rund 18.000 gesichert die indische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie können damit in ihr Heimatland abgeschoben werden.

Nach einem Telefonat mit Modi hatte Trump vergangene Woche gesagt, dieser werde mit Blick auf die illegalen Einwanderer aus Indien „das Richtige tun“. Für Irritationen sorgen aber auch Signale aus der US-Regierung, wonach die Vergabe der sogenannten H-1B-Visa für ausländische Arbeitskräfte eingeschränkt werden soll. Von ihnen hatten in der Vergangenheit besonders indische IT-Fachkräfte profitiert. Sie fürchten nun, dass sie ebenfalls das Land verlassen müssen, wenn ihre Visa nicht erneuert werden.

„Sie sind keine Kriminellen“

Im vergangenen Jahr hatten die USA unter Präsident Joe Biden 1100 Inder in Charterflügen deportiert. Die meisten der illegalen Einwanderer aus Indien in den USA haben ihre Heimat aufgrund schlechter Jobaussichten verlassen oder weil sie Verwandte haben, die bereits in Nordamerika leben und arbeiten. Sie sind in der Regel mithilfe von Schleppern über die typischen Migrationsrouten aus Lateinamerika in die USA eingewandert, um dort Arbeit zu finden.

„Wer Massendeportation will, sollte sie mit zivilen Chartermaschinen durchführen. Das wäre die humanere Lösung“, sagte der bekannte Oppositionspolitiker Shashi Tharoor am Donnerstag der Nachrichtenagentur ANI. „Sie mögen gegen Ihre Gesetze verstoßen haben, als sie in Ihr Land kamen, aber im Großen und Ganzen haben sie keine bösen Absichten. Sie sind keine Kriminellen, und sie wurden auch nicht verurteilt. Sie sind dort, um sich ein besseres Leben aufzubauen“, so Tharoor.

Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar sagte im Parlament in Neu Delhi, die indische Zentralregierung arbeite mit der Regierung in Washington zusammen, um sicherzustellen, dass Abgeschobene nicht misshandelt werden. Die Deportationen seien aber nicht ungewöhnlich. „Es ist die Pflicht aller Länder, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen, wenn sie sich illegal im Ausland aufhalten“, sagte der Außenminister. Der Fokus sollte sein, gegen Menschenschmuggler vorzugehen und legale Wege der Migration zu stärken.

Die Angehörigen der Deportierten berichteten „The Indian Express“, jeweils umgerechnet zwischen 33.000 und 55.000 Euro an Schleuser bezahlt zu haben. Die meisten ihrer nun abgeschobenen Familienmitglieder hätten erst vor wenigen Monaten den Weg über die amerikanische Grenze genommen, wo sie sogleich aufgegriffen worden seien. Der indischen Presse zufolge stammen sie aus den Bundesstaaten Punjab, Haryana, Gujarat, Uttar Pradesh und Maharashtra. Unter den 104 Deportierten waren den Berichten zufolge 79 männlich und 25 weiblich. Zwölf von ihnen waren minderjährig.