Ob stressbedingte Spannungskopfschmerzen oder Migräne – auch Kinder sind davon betroffen. Worauf sollte man bei der Behandlung von Kindern achten? Und warum können unkonventionelle Ansätze helfen?
Würden Sie Ihr Kind mit einem heftigen Migräneanfall in die Schule schicken? Die spontane Reaktion der meisten Eltern lautet wohl: Nein. Experten fordern jedoch auf, diese Herangehensweise zu überdenken. Denn Schulbesuche können trotz akuter Beschwerden langfristig dazu beitragen, dass Kinder Schule nicht mit Schmerzen assoziieren.
So kann unter Umständen eine Schulvermeidung verhindert werden. “Das klingt krasser, als es ist – der Kopfschmerz hört nämlich nach einer Weile auf”, erklärt Peter Kropp, Leiter des Instituts für Medizinische Psychologie in Rostock.
Migräne bei Kindern nimmt zu
Dass neue Strategien gegen Kopfschmerzen bei Kindern gefunden werden müssen, belegen die Zahlen. Ein Vergleich zwischen den 1970er-Jahren und den frühen 2000er-Jahren zeigt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind unter Migräne ohne Aura leidet, hat sich versechsfacht. Und die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Kind Migräne mit Aura – also mit neurologischen Störungen – diagnostiziert wird, hat sich sogar verachtfacht. Laut der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft leiden in Deutschland fast zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen unter Migräne.
Kopfschmerz durch mangelnde Bewegung
Laut Wissenschaftlern ist es schwierig, eindeutige Zusammenhänge zwischen Kopfschmerzen und Umweltfaktoren zu identifizieren. Allerdings sind ein geringer Wohnungsstandard, ein niedriger ökonomischer Familienstatus sowie viele Freizeitaktivitäten mit einem größeren Kopfschmerzrisiko verbunden. Und: “Studien zeigen, dass die Zunahme von Kopfschmerzen bei Kindern eng mit einem Bewegungsmangel verknüpft ist”, erklärt der Psychologe Peter Kropp. Bei Kindern mit der entsprechenden genetischen Veranlagung kann dies sogar eine Migräneattacke auslösen.
Kropp betont, dass Ausdauersport eine entscheidende Rolle in der Migräne-Prophylaxe spielt. Nicht nur bei Kindern, auch bei Erwachsenen. “Regelmäßiges Joggen, beispielsweise dreimal wöchentlich für 30 bis 45 Minuten, kann die Migränelast um bis zu 50 Prozent senken.” Auch Menschen, die keine Migräne, aber wiederkehrenden Spannungskopfschmerz haben, profitierten davon.
Anders als die Migräne, für die man eine genetische Veranlagung hat, ist Spannungskopfschmerz oft eher ein Warnsignal. “Unser Körper will uns zum Beispiel zeigen, dass wir weg vom Bildschirm gehen, uns bewegen und an die frische Luft sollen”, so der Mediziner und Psychologe Hartmut Göbel von der Schmerzklinik in Kiel.
Kopfschmerzen
Spannungskopfschmerz beschreiben Betroffene oft, als würde ein Schraubstock den Kopf umklammern. So wie die Migräne gehört er zu den sogenannten primären Kopfschmerzarten. Hierbei ist der Schmerz das Symptom der Erkrankung. Im Gegensatz zu sekundären Kopfschmerzen, die beispielsweise infolge eines Schädel-Hirn-Traumas oder einer anderen Grunderkrankung auftreten. Gemeinsam ist allen Kopfschmerzen, dass sie gar nicht im, sondern außerhalb des Gehirns entstehen. Das Gehirn selbst besitzt keine Schmerzrezeptoren und ist daher schmerzunempfindlich. Beim Kopfschmerz handelt es sich vermutlich um eine Entzündung der Hirnhäute oder der großen Gefäße.
Mehrere Attacken im Monat
Vor allem Spannungskopfschmerz nimmt bei Kindern und Jugendlichen zu. Laut einer Erhebung der Universität Dresden gaben etwas mehr als ein Drittel der fast 3.000 befragten Schülerinnen und Schüler an, mindestens einmal im Monat unter Kopfschmerzen zu leiden. Fast genauso viele berichteten von mehr als zwei Attacken monatlich.
Besonders wichtig ist es, eine Chronifizierung zu vermeiden. Dann lässt sich der Schmerz nur schwer wieder loswerden. Ärzte empfehlen deshalb einen gesunden Lebensstil mit ausreichend Schlaf, ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung. Bei Migräne kann dies die Anzahl der Attacken verringern. Zwar ist diese Form der Kopfschmerzen nicht heilbar, sie kann aber in der Pubertät durchaus wieder verschwinden.