Zwei Wochen vor der Bundestagswahl bestätigen Konjunkturdaten die schlechte Lage der deutschen Wirtschaft. Die Produktion im produzierenden Gewerbe ging im vergangenen Jahr beschleunigt um 4,5 Prozent zurück, nach einem Minus von 1,7 Prozent im Vorjahr. In fünf der vergangenen sechs Jahre ist die Erzeugung damit geschrumpft. Eine so lange Schwächephase hat es seit der deutschen Wiedervereinigung noch nie gegeben. Zunächst hatte die Corona-Pandemie die Wirtschaft belastet, später kamen die steigenden Energiepreise als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine und hausgemachte Schwierigkeiten hinzu.
Die wirtschaftliche Schwäche spiegelt auch die schlechte Entwicklung des Außenhandels. In den beiden vergangenen Jahren hat Deutschland sich in gewissem Maße von der Weltwirtschaft abgekoppelt. Die Ausfuhr und die Einfuhr von Gütern gingen zurück. Im vergangenen Jahr schrumpfte die Güterausfuhr um 1,3 Prozent, ähnlich wie im Vorjahr. Die Einfuhr von Gütern gab um 3 Prozent nach.
Konjunkturforscher und Wirtschaftsverbände sprechen von einem verlorenen Jahr. „2024 war das zweite Jahr in Folge mit sinkenden Ausfuhren“, sagte Volker Treier, der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Das sei ein deutliches Zeichen für die nachlassende Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. „Der eigentliche Wachstumsmotor Exportwirtschaft befindet sich in einer Abwärtsspirale“, kommentierte der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Dirk Jandura. Schon seit dem Jahr 2015 sei Deutschland gemessen am Export nach Analyse der OECD das drittschlechteste Land.
Die Metall- und Elektroindustrie klagte über einen Negativrekord. Das siebte Quartal nacheinander sei die Produktion in der Branche geschrumpft, erklärte Chefvolkswirt Lars Kroemer. Deutschland befinde sich in der längsten Rezession der Nachkriegsgeschichte. Im Gesamtjahr sank die Produktion in der Metall- und Elektroindustrie, die etwa 25.000 Unternehmen und mehr als 3,9 Millionen Beschäftigte zählt, um 6,6 Prozent. Für dieses Jahr rechnet die Branche mit einem Minus von 2,5 Prozent.
Generell sind die Aussichten verhalten. In der Umfrage des DIHK erwarten die Unternehmer mehrheitlich einen weiteren Exportrückgang. Das zeigen auch die Umfragen des Ifo-Instituts in München. Auf eine weiter schlechte Entwicklung der Industrieproduktion deutet hin, dass der Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe sich gegen Ende des vergangenen Jahres auf niedrigem Niveau gerade mal stabilisiert hat.
Nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums ist in der Industrie „noch keine konjunkturelle Erholung erkennbar“. Niedriger als im Dezember lag die Produktion zuletzt im Frühjahr 2020 in der ersten Welle der Corona-Pandemie.
Im verarbeitenden Gewerbe schrumpfte die Produktion im vergangenen Jahr um 4,7 Prozent. Im wichtigen Fahrzeugbau ergab sich ein Minus von 5,7 Prozent, nach einem Zuwachs von 12,1 Prozent im Vorjahr. Die Chemie- und Pharmaindustrie erreichte ein Plus von einem Prozent, nachdem die Produktion in der Branche im Vorjahr um 9 Prozent eingebrochen war. Das Baugewerbe erlebte das vierte Rezessionsjahr nacheinander, die Produktion in der Branche gab um 3,2 Prozent nach.
In der Gesamtwirtschaft schlägt die Schwäche der Industrie nur zum Teil durch. Das Bruttoinlandsprodukt war im vergangenen Jahr preisbereinigt um 0,2 und im Vorjahr um 0,3 Prozent geschrumpft. Für 2025 wird im Durchschnitt der Prognosen nur ein mageres Wachstum von 0,3 Prozent erwartet, der DIHK schließt eine Stagnation nicht aus.