Physiker entwickeln Erfolgsrezept für römische Pasta

4

Stand: 08.02.2025 10:35 Uhr

Wie gelingt die perfekte Pasta? Diese Frage trieb italienische Wissenschaftler um – und verleitete sie zu einer Studie. Das Ergebnis: ein wissenschaftlich optimiertes Rezept für die oft schwierigen Cacio e Pepe.

Von David Beck und Emily Burkhart, SWR

Die italienische Küche genießt in Deutschland große Beliebtheit: Nach der deutschen Küche sind italienische Restaurants die häufigsten – wenn man Fast-Food-Ketten außer Acht lässt. Dennoch gehen wir oft nicht besonders authentisch mit ihr um: Verkochte Pasta, Sahne in der Carbonara oder Pizza Hawaii gelten südlich der Alpen als kulinarische Todsünden.

Dabei ist echtes italienisches Kochen oft gar nicht so schwierig, und manchmal macht die Wissenschaft es sogar noch einfacher. Eine kürzlich veröffentlichte Studie widmet sich dem römischen Klassiker Cacio e Pepe und präsentiert ein Rezept, das auch bei diesem mitunter launischen Gericht zum garantierten Erfolg führen soll.

Das Gericht besteht eigentlich nur aus den im Namen enthaltenen Zutaten: Cacio, also Käse, und Pepe, zu Deutsch Pfeffer. Doch das Gericht kann auch daneben gehen, wenn es falsch zubereitet wird.

Wissenschaftliche Studie zur perfekten Pasta

Die kürzlich veröffentlichte Studie über Cacio e Pepe, das klassische römische Nudelgericht, verspricht eine wissenschaftlich fundierte Zubereitungsmethode.

Eine entscheidende Rolle spielt dabei eine oft übersehene Komponente. “Die Stärke im Nudelwasser, das ist die versteckte Zutat. Normalerweise macht man mit dem Kochwasser die Käsesoße, das ist die traditionelle Art”, erklärt Daniel Busiello. Er ist statistischer Physiker am Max-Planck-Institut für die Physik komplexer Systeme in Dresden und – wie seine sieben Co-Autoren, mit denen er die Physik hinter Cacio e Pepe untersucht hat – Italiener.

Die italienischen Wissenschaftler lernten sich am Max-Planck-Institut in Deutschland kennen und begannen gemeinsam, traditionelle Gerichte aus ihrer Heimat zu kochen. Dabei stellten sie fest, dass besonders die Zubereitung von Cacio e Pepe oft misslang.

Die Grundlagen der klassischen Zubereitung

Das traditionelle Rezept ist in seiner Grundform sehr einfach. Die Hauptzutaten bestehen aus frisch geriebenem Pecorino Romano, frisch gemahlenem Pfeffer und einer kleinen Menge Kochwasser. Die Stärke bindet Wasser und Käse zu einer sämigen, cremigen Soße. Die Zubereitung erfolgt in einer großen Schüssel, in der die heißen Nudeln direkt aus dem Kochtopf mit der Käsemischung vermengt werden.

Obwohl diese traditionelle Zubereitungsmethode von vielen italienischen Großmüttern und Chefköchen erfolgreich praktiziert wird, kann sie durchaus ihre Tücken haben. Der Physiker Daniel Busiello und seine Kollegen machten diese Erfahrung: “Wir sind so oft gescheitert, es war fast unglaublich. Es ist so einfach! Irgendwann haben wir gesagt, okay, wir müssen untersuchen, woran das liegt.”

Komplexe Physik hinter dem einfachen Nudelgericht

Die Untersuchungen fanden am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme statt. Komplexe Systeme sind etwa das weltweite Wetter oder Strömungsverhalten von Flüssigkeiten. “Und Cacio e Pepe ist auch ein komplexes System. Wir haben Fette, zwei verschiedene Arten von Proteinen, den Pfeffer, Stärke aus den Nudeln, die Nudeln an sich und Wasser”, erklärt Busiello. “Alle diese Komponenten spielen eine Rolle, und wenn man sie einfach nur zusammenmischt, wird man niemals das Verhalten des Gerichts erklären können.”

In ihrer Forschungsarbeit analysierten die Wissenschaftler systematisch verschiedene Kombinationen von Temperatur und Stärkekonzentration in Bezug auf das Käseverhalten. Der Fokus lag dabei auf der Bindungsfähigkeit der Soße und der Klumpenbildung des Käses – ein Problem, das vor allem Hobbyköche kennen.

Die Ergebnisse zeigten ein klares Muster: “In der Studie sehen Sie, dass bei Stärkekonzentrationen, wie sie normalerweise im Nudelwasser vorliegt und Temperaturen über 60 Grad die Mozzarella-Phase eintritt.” Damit meinen die Forschenden, dass der Käse zu einer einzigen Masse verklumpt und sich das Wasser separat am Gefäßboden sammelt.

Abkühlung der Pasta: Ein entscheidender Faktor

Bei der Zubereitung für kleine Gruppen von zwei bis drei Personen können die Nudeln abkühlen, bevor sie mit der Soße vermischt werden. Dies erklärt auch die Schwierigkeiten der Forschenden, die für größere Gruppen von bis zu 20 Personen kochten – die Pasta konnte nicht schnell genug abkühlen.

Diese Erkenntnis steht im Widerspruch zur traditionellen italienischen Küche, die vorsieht, dass die Nudeln direkt aus dem kochenden Wasser in die Schüssel gegeben und vermengt werden sollen.

Für diesen scheinbaren Widerspruch existieren zwei plausible Erklärungen: Zum einen können die Nudeln beim portionsweisen Hinzufügen mit einer Zange durch die vergrößerte Luftexposition ausreichend schnell abkühlen. Zum anderen bietet die traditionelle Methode des Einkochens des Pastawassers eine Lösung: Die erhöhte Stärkekonzentration stabilisiert die Soße auch bei höheren Temperaturen – ein Effekt, den die Wissenschaftler in ihr optimiertes Rezept integrierten.

Optimiertes Rezept mit wissenschaftlichem Ansatz

Die wissenschaftliche Untersuchung führte zu einer unkonventionellen Lösung, die von der traditionellen Zubereitungsmethode abweicht. Die Forschenden empfehlen die Verwendung von Stärkepulver als Hauptkomponente für die Soße. “Wir schlagen vor, einfach Stärkepulver zu verwenden. Mehr Stärke gibt eine cremigere Soße und das ist ja der ganze Punkt”, sagt Busiello.

Das optimierte Rezept sieht wie folgt aus:

  • Vier Gramm Stärkepulver werden in 40 Milliliter Wasser aufgelöst und unter Rühren erhitzt, bis eine gelartige, durchsichtige Masse entsteht.
  • Nach dem Abkühlen wird die Masse mit 160 Gramm fein geriebenem Hartkäse vermischt. Traditionell wird ausschließlich Pecorino verwendet, in vielen Rezepten wird aber auch eine Mischung mit Parmesan beschrieben.
  • Die Mischung wird mit Wasser zu einer cremigen Soße verdünnt.
  • Die gekochten Nudeln werden etwa eine Minute abgekühlt, mit der Soße vermischt und gemeinsam nochmal langsam erhitzt.
  • Abschließend wird das Gericht mit frisch gemahlenem Pfeffer abgeschmeckt und heiß serviert.
  • Die Forschungsgruppe arbeitet aber bereits an einer überarbeiteten Version der Studie mit präziseren Anweisungen.