Auf einen Espresso: Aufwachen an der Riviera

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Was waren das noch Zeiten, als man mit einer dampfenden Tasse Kaffee am Frühstückstisch gemütlich den Tag begann. Den Frühnachrichten im Radio lauschend, schüttelte man langsam die Müdigkeit ab. Nicht dass damals nur Wohlfühlmeldungen über den Äther gekommen wären. Doch seit knapp drei Wochen wacht der interessierte Mitteleuropäer mit dem Gefühl auf, dass aus Übersee gleich wieder eine neue Welle erstaunlicher „News“ über ihn hereinbricht.

Die Rede ist vom neuen, alten amerikanischen Präsidenten Donald Trump, der mit seinen Dekreten und Ankündigungen die Welt in Atem hält. Die abenteuerlichen Pläne, aus dem Gazastreifen eine Riviera des Nahen Ostens zu machen, haben seine Mitarbeiter kurz darauf ja halbwegs eingefangen. Einen ähnlichen Zickzackkurs gab es auch bei den Strafzöllen auf die Einfuhr aus Kanada und Mexiko. Nachdem die Nachbarn aus Nord und Süd mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht hatten, verkündete das Weiße Haus die Aussetzung für einen Monat. Nun werden bilaterale „Deals“ ausgehandelt, die Trump wohl mindestens so liebt wie seine „Tarifs“. Am Ende wird die Frage stehen, ob die Ergebnisse den ganzen Ärger wert waren.

Zumal die Kritik im eigenen Land lauter wird. Diese Woche warnte Ford-Chef Jim Farley deutlich vor langfristigen Zöllen von 25 Prozent gegen Kanada und Mexiko. Wie allseits bekannt, sitzen in diesen Ländern große Teile der wichtigen Zulieferindustrie. Farley sprach von Milliardenkosten für die heimische Autoindustrie und schweren Folgen für Arbeitsplätze in den USA. Teuerer werden Autos aus amerikanischer Produktion obendrein.

Generell wirft Trumps Wirtschaftspolitik Fragen auf. Sein Wahlkampf-Slogan „Drill, baby, drill“ galt der Öl- und Gasindustrie als Versprechen, Amerika werde unter ihm mehr fossile Brennstoffe fördern als je zuvor. Damit das oft per Fracking-Technologie geförderte Gas aber wettbewerbsfähig ist, braucht es ein gewisses Preisniveau. Den Verbrauchern hat Trump jedoch versprochen, die Inflation zu bekämpfen und Preise zu senken. Klingt nach einem klassischen Zielkonflikt. Wohin also mit dem teurem Stoff? Vielleicht wären höhere Abnahmemengen in Europa zu ordentlichen Preisen eine gute Lösung. Gegen die EU stehen ja auch noch Strafzölle im Raum. Da ließe sich doch vielleicht ein Deal machen . . .

Heftige Schockwellen sendete auch die Ankündigung aus, dass die neue Regierung die Entwicklungshilfebehörde USAID auflösen will. „Bist du sicher?“, habe er Trump gefragt, berichtete Milliardär, Multi-Unternehmer und Bürokratiebekämpfer Elon Musk. Das anschließende „Ja“ bedeutet wohl das Aus für fast alle der rund 10.000 Beschäftigten und unzählige Hilfsprogramme im Kampf gegen Krankheiten rund um den Globus. Nun dürften Klagewellen der Beschäftigten anrollen.

Apropos rollen. Man hat sich schon lange gefragt, wie Elon Musk all seinen Aufgaben gerecht wird. Seit er Gefallen an der Politik gefunden hat, scheint der Mann kein anderes ­Thema mehr zu kennen. Dabei sollte er sich wohl besser mal um seine größte Unternehmung kümmern, den Elektroautohersteller Tesla. Dessen Aktienkurs hatte sich zwar parallel zu Musks politischem Aufstieg im vergangenen Jahr zu neuen Höhen aufgeschwungen. Doch die aktuellen Geschäftszahlen haben die Erwartungen der Analysten enttäuscht. Auch in Deutschland verliert der Pionier der Branche immer mehr an Boden. Nun lässt sich spekulieren, ob Musks offene Unterstützung für die AfD potentielle Kunden abstößt. Zutreffend ist auf jeden Fall die Analyse, dass die Modellpalette veraltet ist, während die Konkurrenz aus aller Welt mittlerweile konkurrenzfähige Elektroautos in Hülle und Fülle auf den Markt bringt. Was nun, Herr Musk? Autokäufe lassen sich nicht per Dekret verordnen. Zumindest noch nicht.

Auf einen Espresso

… ist eine Kolumne, in der verantwortliche Redakteurinnen und Redakteure der F.A.Z. jeden Samstag mit einem Augenzwinkern auf die Ereignisse der Woche zurückblicken.