Skischuhe können sehr unbequem sein. Dafür bietet die Sport Zeisler OHG in Moosburg an der Isar mit ihrer Marke Aquanovoboot eine Lösung an. Das Unternehmen ist laut Geschäftsführerin Jutta Hinkel-Zeisler der einzige deutsche Skischuhhersteller und der größte Handfertiger von Maßskischuhen in Europa. Man verfügt über eine patentierte Technik, um den Skischuh genau an den Fuß anzupassen.
„Das Thema Skischuhe war sein persönliches Schicksal“, berichtet Hinkel-Zeisler über ihren Mann. Albrecht Zeisler, 56 Jahre alt, war Freestyle- und Buckelpisten-Skifahrer in der deutschen Nationalmannschaft und litt unter starken Schmerzen, blauen Fußnägeln und aufgehobelten Schienbeinen.
„Ich habe da eine verrückte Idee“
„Irgendwann sagte mein Mann: Ich habe da so eine verrückte Idee, das könnte man doch mal ausprobieren. Irgendwie mit Luft und Druck, dass man das alles anformt am Skischuh.“ Es gab schon Bootfitting-Technologien wie das Ausschäumen des Innenschuhs, doch sie reichten Zeisler nicht. Er probierte einiges an sich selbst aus; irgendwann sei ihm die optimale Anpassung in einer von Wasser gefluteten Box gelungen. Dabei wird in standardisierten Abläufen nicht nur der Innenschuh ausgeschäumt, es wird auch die Schale angeformt. „Nur das Zusammenspiel zwischen Schale und Innenschuh bietet am Ende eine einzigartige Passform“, sagt Albrecht Zeisler.
Die erste Musterkollektion Aquanovoboots mit nur 30 Stück stellte man 2013 fertig. „Innerhalb von einer Woche waren sie ausverkauft“, erinnert sich Hinkel-Zeisler. Nach weiteren 300 Paar und starker Nachfrage schaute man sich nach einem Händler um und fand Intersport Menzel in München. Sport Zeisler wurde komplett umstrukturiert; der Fokus wurde auf die Maßskischuh-Konfektionierung gelegt.
Externen Händlern wird die Box, in der der Skischuh „maßgeschneidert“ wird, zusammen mit den Schuhen als Lizenzprodukt angeboten. Derzeit verfügt man über ein Netzwerk von 22 Händlern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Wobei die Händler in Österreich am wichtigsten sind“, betont Jutta Hinkel-Zeisler, da viele Konsumenten auf das Wissen über Skischuhe „in der Heimat des Skifahrens“ vertrauten. Im Sommer lädt man die Händler zur Fortbildung ein, um sie mit den Anpassungsmöglichkeiten noch besser vertraut zu machen.
Post eines Influencers lässt die Nachfrage steigen
Die Endkundschaft erreicht man auch über soziale Medien. Ohne Kooperationsvertrag lobt der Entertainer „Knossi“ (Jens Knossalla) in einem Story-Post auf Instagram „nie wieder Schmerzen in Skischuhen“, während er mit Aquanovoboot-Skischuhen in einer Box steht, die sich langsam mit Wasser füllt. Auf Instagram hat Knossalla rund 1,8 Millionen Follower – das Interesse an den Skischuhen sei danach merklich gestiegen, sagt Hinkel-Zeisler. Man arbeite mit einer kleinen Zahl skisportbegeisterter Influencer zusammen.
Sollten innerhalb von drei Monaten nach Kauf Probleme mit den Schuhen aufkommen, kann der Kunde zu seinem Händler gehen. Sollte das Problem nach drei Versuchen, es zu beheben, immer noch bestehen, bekommt er den vollen Kaufpreis erstattet.
Aquanovoboot bietet sechs Modelle für verschiedene Skifahrertypen an, egal ob Anfänger oder Profi. So eignen sich die drei „Ganador“-Modelle wegen ihrer hohen Verformbarkeit für schmale bis sehr kräftige Füße; sie unterscheiden sich in den Härtegraden. Je höher dieser ist, desto härter und sportlicher ist der Skischuh. Man habe mitunter auch die deutsche Freestyle-Nationalmannschaft ausgestattet, berichtet Hinkel-Zeisler. Ein großer Teil der Kundschaft leide unter Problemfüßen, die in Skischuhe von der Stange nicht passten.
Ein Paar kostet 800 bis 900 Euro
Der Händler führt zunächst eine Fußanalyse durch. Dann wird ein Modell ausgewählt. Daraufhin steigt der Kunde in die „Bootbox“ aus Plexiglas. Schaumflaschen werden an den Schläuchen des Innenschuhs befestigt; der Schäumungsprozess beginnt, es läuft eine schwarze Flüssigkeit hinein. Gleichzeitig füllt sich die Bootbox langsam mit Wasser und umströmt die mit Folie geschützte Skischuh-Schale. Der Schuh wird durch Luft und Wasserdruck angepresst. Nach zehn Minuten leert sich die Bootbox. Zusätzlich wird die anatomische Sohle im Sandbett gefertigt. Für den gesamten Prozess muss der Kunde etwa 40 Minuten einplanen, dann kann er mit seinem Maßskischuh nach Hause gehen. Das sei anders als beim Bootfitting, das sich oft über mehrere Sitzungen erstrecke. Der Jahresumsatz liegt nach eigenen Angaben bei deutlich über einer Million Euro. „Mal produzieren wir nur 500, und dann produzieren wir mal 1000 oder 2000 oder sogar 3000.“
Ein Paar kostet inklusive Anpassung zwischen 800 und 900 Euro. „Im Gegensatz zu 08/15-Skischuhen bestehen unsere Aquanovoboots aus 98 Teilen statt aus zehn bis 15 Teilen“, sagt Hinkel-Zeisler. Sie müssten in der Produktion sorgfältig zusammengesetzt werden. Zudem werde der Innenschuh mit hochwertiger Merinowolle gefüttert, die atmungsaktiv sei und warmhalte. Die Fabrik für die Schuhe befindet sich 100 Kilometer von Venedig entfernt, laut Jutta Hinkel-Zeisler „im Mekka der Skischuhhersteller“.
Der Artikel stammt aus „Jugend und Wirtschaft“ – ein Schulprojekt der FAZIT-Stiftung mit Unterstützung der Brost-Stiftung.