UN-Frist abgelaufen: Nur wenige Länder reichen neue Klimapläne ein

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Stand: 10.02.2025 15:51 Uhr

Ist die Welt beim Klimaschutz auf Kurs? Um das festzustellen, sollen die Länder laut Pariser Klimaschutzabkommen alle fünf Jahre neue Klimapläne vorlegen. Doch nur wenige haben die Frist eingehalten.

Von Janina Schreiber, SWR

Sie sind das Herz des Pariser Abkommens: Die Klimapläne der fast 200 Staaten. Doch es schlägt derzeit nicht gerade laut. Analysen des Klimaportals Carbon Brief zufolge haben gerade mal zehn der 195 Mitglieder des Pariser Abkommens ihre neuen Klimapläne fristgerecht beim UN-Klimasekretariat vorgelegt. Auch die Europäische Union – und damit auch Deutschland – hat es nicht geschafft.

Klimaforscher Niklas Höhne vom New Climate Institute nannte das enttäuschend: “Je früher man weiß, wie es so steht mit dem Klimaschutz der einzelnen Länder, desto besser kann man sich darauf einstellen.”

Die Umweltorganisationen Germanwatch und Misereor fordern, dass die EU spätestens bis September einen Plan nachreicht – in der Hoffnung, dass darin ehrgeizige Klimaziele bis 2035 stehen. Ein guter Plan enthalte neben dem Ziel, wie viele Treibhausgase ein Land einsparen will, auch konkrete Maßnahmen. Zum Beispiel: der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Rohstoffe wie Kohle, Öl und Gas.

Hoffnung: Mehr Zeit, ambitioniertere Pläne

Den verhaltenen Rücklauf hatte Simon Stiell, der Chef des UN-Klimasekretariats, bereits vorhergesehen. Vergangene Woche schon sagte er, die Mehrheit der Länder hätte aber angedeutet, dass sie in diesem Jahr noch neue Pläne vorlegen wollte. Es sei sinnvoll, sich dabei mehr Zeit zu nehmen, sofern die Pläne dann ambitionierter würden.

Die nationalen Klimapläne (NDCs)

Mit dem Unterzeichnen des Pariser Abkommens im Jahr 2015 haben sich die Länder verpflichtet, eigene Klimapläne vorzulegen. Im Fachjargon heißen diese nationalen Klimapläne “Nationally determined contributions” (NDCs). Darin sollen die Mitgliedsstaaten alle fünf Jahre neue, im besten Fall ambitioniertere Klimaziele festschreiben. In diesem Jahr sollen die Reduktionsziele bis 2035 eingereicht werden. Dieser Mechanismus soll sicherstellen, dass sich zumindest den geplanten Maßnahmen nach die Welt auf Kurs befindet. Das bedeutet, dass die Maßnahmen ausreichen, die Erderhitzung möglichst auf 1,5, maximal 2 Grad zu begrenzen. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) hatte kurz vor der letzten Weltklimakonferenz (COP29) in Baku analysiert: Die geplanten Maßnahmen der Länder schaffen es gerade mal, die Erderhitzung auf 2,6 Grad bis Ende des Jahrhunderts zu begrenzen.

Umweltorganisationen zufolge ist es nicht verwunderlich, dass so viele Länder die von den Vereinten Nationen gesetzte Frist nicht einhalten. Es habe noch nie so viele Wahlen und neue Regierungen gegeben wie 2024. Erst im November hatte sich die EU-Kommission formiert, erinnert Petter Lydén, Bereichsleiter für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. Es gebe bislang zwar Vorschläge, 90 Prozent der Treibhausgasemissionen für ein EU-Ziel bis 2040 einzusparen. Doch das sei noch nicht offiziell verabschiedet. Außerdem: “Nicht alle EU-Länder wollen starke Klimaziele.”

Klimaforscher Höhne sagt, die Länder hätten sich besser auf die Frist vorbereiten können. Seit dem Pariser Abkommen 2015 sei klar, dass im Februar 2025 ein neuer Klimaplan vorgelegt werden muss: “Diese Deadline gibt es schon seit zehn Jahren. Da hätte man daraufhin arbeiten können.”

EU als Vorreiter beim Klimaschutz?

Experten fordern vor allem von Industrienationen wie der EU aber auch den USA, ihre Klimaziele fristgerecht und ambitioniert vorzulegen. Zwar hatten die USA noch im vergangenen Jahr unter der Administration des damaligen Präsidenten Joe Biden einen Plan beim Klimasekretariat eingereicht. “Das wird auch von der Hälfte der US-Bundesstaaten unterstützt”, sagt Klimaforscher Höhne. Allerdings hat der neue Präsident Donald Trump in einer seiner ersten Amtshandlungen den Austritt der USA aus dem Paris-Abkommen verfügt.

Experten fordern nun von der EU, eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einzunehmen. Höhne sagt: “In dem Prozess muss es Länder geben, die den ersten Schritt machen. Und jetzt, wo die USA ausfällt, muss das unbedingt die EU sein.”

Entwicklungsländer kritisieren mangelnde Finanzierung

Auch Indien und China haben noch keine Pläne vorgelegt, wie sie bis 2035 ihre Klimagase reduzieren wollen. Zwar gelten beide Staaten unter der UN-Klimarahmenkonvention als Entwicklungsländer – allerdings hat China in den vergangenen zwei Jahrzehnten viele Klimagase produziert. Deshalb sehen einige Mitgliedsländer wie die EU China in der Pflicht, mehr für den Klimaschutz zu tun.

Bei der vergangenen Weltklimakonferenz in Baku hatte die EU von China gefordert, ebenfalls Gelder für das internationale Klimafinanzierungsziel zu mobilisieren. Eigentlich sind nur Industrieländer in der Pflicht, dafür Gelder bereitzustellen. Doch je mehr Geld zugesagt wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch Entwicklungsländer zu ehrgeizigen Klimaplänen durchringen, so die Idee der EU.

Indien aber hatte bereits in Baku klargemacht, dass die Summe von 300 Milliarden US-Dollar jährlich bis 2035 “enttäuschend und ein Zeichen des mangelnden Vertrauens” sei. Lydén von Germanwatch sagt: “Natürlich ist das ein politisches Statement. Indien ist mächtig und hat viele Ressourcen und ist mitten in der Transformation.” Doch es sei klar, dass Industrieländer, die ihren Wohlstand auf fossilen Energien aufgebaut haben, dafür verantwortlich sind, Entwicklungsländer jetzt finanziell zu unterstützen. Insofern habe Indien hier ein gutes Argument.

Brasilien hat bereits einen Klimaplan vorgelegt

Die nächste Weltklimakonferenz wird in Brasilien stattfinden. Dementsprechend ist das Land nach Angaben der Experten nun in der Verantwortung, in diplomatischen Gesprächen die Ambitionen der Welt für mehr Klimaschutz voranzutreiben.

Lydén hat Hoffnung: “Brasilien als COP-Präsidentschaft ist sehr vielversprechend.” Doch nach wie vor bleibt viel zu tun. Denn Brasilien hatte, genau wie die Vereinigten Arabischen Emirate, zwar schon zur COP29 einen Klimaplan vorgelegt. Allerdings hatten Forschende des Climate Action Trackers ausgewertet, dass die darin festgelegten Ziele nicht ausreichen, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen.