Rechtspopulistische Chega-Partei von Skandalen erschüttert

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André Ventura will wieder einmal hart durchgreifen. Wenn es nach der Chega-Partei des portugiesischen Rechtspopulisten geht, sollen alle straffälligen Einwanderer künftig ausgewiesen werden. Der frühere Sportkommentator Ventura, dessen großes Vorbild Donald Trump ist, hat als Saubermann und Hardliner die von ihm gegründete Chega-Partei in wenigen Jahren zur drittstärksten politischen Kraft in Portugal gemacht. Sein letztes Wahlprogramm trug den Titel „Programm zur Reinigung Portugals“ – überall in Portugal war auf Plakatwänden sein Gesicht mit dem Slogan zu sehen. Doch die „Reinigung“ gelingt ihm nicht einmal in den eigenen Reihen.

Gleich gegen drei Chega-Abgeordnete wird ermittelt: wegen des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen, des Raubs eines Koffers und des Fahrens unter Alkoholeinfluss. Ventura gestand selbst ein, dass derzeit „kein guter Moment für die Partei“ sei. Es scheint sich zu rächen, dass er bei der Auswahl der Kandidaten seiner Partei nicht zimperlich war. Er musste offenbar nehmen, wer sich anbot, um die Bewerberlisten der erst 2019 gegründeten Partei zu füllen. Seine Gegner hielten ihm vor der Parlamentswahl im vergangenen Frühjahr vor, er habe nicht davor zurückgeschreckt, einen Bordellbesitzer, einen Finanzbetrüger und einen Kirchenräuber zu rekrutieren.

Der Fall des Lissabonner Chega-Stadtrats und Vizepräsidenten des Hauptstadtbezirks Nuno Pardal trifft Ventura besonders hart. Denn die chemische Kastration von Pädokriminellen gehört zu den Hauptforderungen (neben dem Kampf gegen „arbeitsscheue Roma“), mit denen Ventura sich als Nachwuchspolitiker einen Namen gemacht hatte. Nun wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft gegen Pardal wegen des Vorwurfs ermittelt, er habe mit einem 15 Jahre alten Prostituierten Oralverkehr gehabt und ihm dafür 20 Euro gezahlt. Nach einem weiteren Kontaktversuch hätten sich dann die Eltern an die Polizei gewandt. Der Lokalpolitiker sagte, er habe den Fünfzehnjährigen auf einer Datingplattform kennengelernt und für volljährig gehalten.

Abgeordneter soll gestohlene Koffer im Parlamentsbüro gelagert haben

Zuvor vertrat Pardal, dem eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren droht, die harte Linie des Parteichefs. Kurz zuvor hatte er noch im Stadtrat betont, dass es keine Entschuldigung für Pädokriminelle gebe: Chega habe Mut bewiesen, für solche Täter die chemische Kastration zu verlangen. Und Ventura bekräftigte, dass er für diese Maßnahme sei, selbst wenn sich sein Vater oder Bruder an Minderjährigen vergingen.

Pardal, der auch Präsident der nationalen Torero-Vereinigung ist, will sich nun aus der Politik zurückziehen. Dazu ist Miguel Arruda hingegen nicht bereit. Der Parlamentarier von den Azoren wird beschuldigt, an mehreren Flughäfen Koffer gestohlen und deren Inhalt im Internet weiterverkauft zu haben. Laut Medienberichten soll er Koffer in seinem Parlamentsbüro gelagert und die interne Post für den Versand des Inhalts genutzt haben. Arruda bestreitet das und behauptet, dass Aufnahmen von Überwachungskameras durch Künstliche Intelligenz manipuliert worden sein könnten. Er hat zwar mittlerweile die Chega-Partei verlassen, will aber unabhängiger Abgeordneter bleiben.

Von den Azoren stammt auch José Paulo Sousa. Er sitzt für Chega im Regionalparlament. Sousa wurde jetzt mit mehr als zwei Promille Alkohol im Blut am Steuer seines Autos erwischt. Das kann in Portugal mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden. Zumindest er zeigt Reue und spricht von einem „schweren Fehler“, den er zutiefst bedauere.