„Regierung muss Wirtschaft vor weiterer Regulierung schützen“

2

Für einen Sparkassenvertreter ist es eine ungewöhnliche Klage gewesen – die, dass zu viel gespart wird. Matthias Neth zielte mit seinen warnenden Worten anlässlich der Vorstellung der Jahreszahlen des Sparkassenverbands Baden-Württemberg allerdings auch nicht auf die Entwicklung der 50 Institute im Südwesten. Der seit Frühjahr 2024 amtierende Verbandspräsident hatte vielmehr die wirtschaftliche Lage in Baden-Württemberg und Deutschland im Blick.

„Die Unternehmen im Südwesten sparen, die Investitionszurückhaltung ist ein großes Problem“, sagte Neth und verwies auf die an Unternehmen ausgegebenen Kredite und die von ihnen bei den Sparkassen geparkten Vermögen. „Nach bereits zwei Rezessionsjahren in Folge lässt eine so nötige Konjunkturerholung auf sich warten.“

„Liquide Mittel werden geparkt“

Insgesamt ist das Volumen der ausgegebenen Darlehen um 1,7 Prozent auf fast 168 Milliarden Euro gestiegen. Während die Sparkassen im Südwesten mit Unternehmen und Privatkunden nur unterdurchschnittliche Zuwächse verbuchten, betrug das Plus von Krediten an öffentliche Haushalte 18,5 Prozent. Ein entsprechendes Bild mit den Einlagen: Schon zum zweiten Mal in Folge haben Unternehmen und Selbständige ihre angelegten Sparvermögen deutlich erhöht – um 5,2 Prozent auf 31,6 Milliarden Euro.

Insgesamt sind die Einlagen um drei Prozent auf 176,7 Milliarden Euro gestiegen. „Das zeigt: Die liquiden Mittel werden bei den Sparkassen geparkt – und wären bei verbesserten Rahmenbedingungen auch kurzfristig für Investitionen abrufbar“, erläuterte Neth: „Die neue Bundesregierung muss endlich die notwendigen Schritte einleiten, um das Klima für Investitionen zu verbessern. Und sie muss die Wirtschaft vor weiterer Regulierung schützen.“ Die Sparkassen erhielten nach Angaben Neths zudem die Signale, dass Unternehmen verstärkt im Ausland investierten. Im Gegensatz dazu haben Städte und Gemeinden verstärkt auf ihre Rücklagen zurückgegriffen und auch mehr Kredite beantragt – Neth führte dies auf die vielerorten angespannte Haushaltslage zurück.

Eine deutliche Belebung registrierten die Sparkassen im Südwesten mit privaten Wohnraumdarlehen. Die Kreditzusagen sind um 30 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro gestiegen. Davon entfielen allerdings nur 13 Prozent auf den Bau von neuen Häusern, der viel größere Anteil auf Kauf oder Umbau von Altbauten. „Weil das Segment Neubau nur eine untergeordnete Rolle spielt, findet das, was wir als Gesellschaft brauchen, nicht statt“, sagte Verbandspräsident Neth: „Die Baugenehmigungen sind auf einem neuen Tiefstand, was den Mangel an benötigtem Wohnraum vor allem in städtischen Gebieten verschärfen wird.“ Auch hier wandte sich der Sparkassenpräsident mit einem Appell an die neue Bundesregierung. „Ohne einen Abbau von Standards bei den Bauvorschriften werden wir bei der Schaffung von Wohnraum nichts erreichten.“

Zuwachs beim Zinsüberschuss

Die Bilanzsumme der 50 Sparkassen in Baden-Württemberg ist in den vergangenen zwölf Monaten um 2,1 Prozent auf nun 250 Milliarden Euro gestiegen. Beim Zinsüberschuss – also der Differenz zwischen eingenommenen Kredit- und ausgezahlten Sparzinsen – haben die Sparkassen einen Zuwachs von 2,6 Prozent auf 4,33 Milliarden Euro erwirtschaftet. Dazu kommen Erträge für Dienstleistungen und aus Gebühren, die 2024 bei 1,56 Milliarden Euro lagen.

Nach Abzug der Risikovorsorge in Höhe von 490 Millionen Euro und den zu zahlenden Steuern kommen die Sparkassen in Baden-Württemberg im Jahr 2024 auf einen Nettogewinn von 1,48 Milliarden Euro nach 1,7 Milliarden Euro im Jahr davor. Die Kosten-Ertrags-Relation lag damit auf 55,5 Prozent. Die Sparkassen in Baden-Württemberg mussten also im Jahr 2024 genau 55 Cent ausgeben, um einen Euro zu verdienen.