Klima-Risiko-Index 2025: Welche Länder den höchsten Preis bezahlen

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Stand: 12.02.2025 14:00 Uhr

Wo sind die Menschen am stärksten von Überflutungen, Hitzewellen und Stürmen betroffen? Das zeigt der aktuelle Klima-Risiko-Index. Mit auf den oberen Rängen: auch Länder der EU.

Von Janina Schreiber, SWR

Azurblau leuchtet der Atlantik, der die weiten Sandstrände der kleinen Karibikinsel Dominica umgibt. Auf ihr ragen vom Regenwald bedeckte Berge in die Höhe. Dominica führt den Klima-Risiko-Index der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch an. Im Verhältnis ist sie am stärksten von extremem Wetter wie Stürmen oder Fluten betroffen.

Vera Künzel, Referentin für Anpassung an den Klimawandel und Menschenrechte bei Germanwatch und Co-Autorin des Index, nennt als beispielhaftes Ereignis den Hurrikan “Maria”, der 2017 auf Dominica wütete. Er habe zu wirtschaftlichen Verlusten geführt, die fast dreimal so hoch waren (270 Prozent) wie das Bruttoinlandsprodukt des Landes. “Das ist natürlich ein extremer Schaden, der sich auch nicht so schnell beheben lässt”, sagt Künzel.

Der Klima-Risiko-Index

Welches Land ist in welchem Maße von Extremwetter wie Überflutungen, Stürmen oder Hitzewellen betroffen? Um diese Frage zu beantworten, vergleicht der Index welche Wetterereignisse in einem Land wie viele Todesopfer verursacht hat, aber auch, wie hoch die ökonomischen Schäden waren. Außerdem werden auch indirekt betroffene Menschen mit in die Statistik einbezogen. Grundlage für den Index ist EM-Dat, eine internationale Katastrophendatenbank, die der belgischen Universität von Löwen zugeordnet ist. Sie bezieht nationale Berichte, Presseartikel aber auch Daten der Vereinten Nationen mit ein. Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch veröffentlicht bereits zum 16. Mal ihren Klima-Risiko-Index. In den Jahren 2022 und 2023 erschien er nicht. Die Datengrundlagen wurden verändert. Nun ist er 2025 wieder erschienen.

Index betrachtet Zeitraum von 30 Jahren

Der Klima-Risiko-Index 2025 untersucht den Zeitraum von 1993 bis 2022. In diesen Jahren haben Extremwetter Schäden in Höhe von (inflationsbereinigt) rund 4,2 Billionen US-Dollar verursacht. Das ist in etwa so viel wie das gesamte aktuelle Bruttoinlandsprodukt Deutschlands. Fast 800.000 Menschen haben außerdem in Folge dieser Wetterextreme ihr Leben verloren.

Auch Europa ist vor extremem Wetter nicht sicher. Im Zeitraum 1993 bis 2022 liegen neben dem Inselstaat Dominica, China, Honduras, Myanmar und Indien auch Italien, Griechenland und Spanien an der Spitze des Negativ-Rankings. In Italien kosteten große Hitzewellen und ihre Folgen mehr als 38.000 Menschenleben – insbesondere in den Jahren 2003 und 2022. “Das zeigt, dass auch relativ reiche Länder ihr Klima-Risiko-Management dringend verbessern müssen”, sagt Künzel. Denn Europa gelte als der Kontinent, der sich am schnellsten erwärmt.

Deutschland auf Rang 48 von 171

Deutschland rangiert auf Platz 48 von 171 – also fast im oberen Viertel. Künzel sagt, mit in die Untersuchung seien die drei sehr extremen Hitzewellen der Jahre 2003, 2018 und 2022 geflossen. “Aber eben auch die Überflutungsereignisse wie zum Beispiel an der Ahr. Das haben wohl die meisten noch präsent.” Auch das Elbe-Hochwasser Anfang der 2000er sei relevant gewesen für die Platzierung. “Da gab es schon eine Reihe von Extremwetterereignissen, die zeigen: Deutschland ist einfach stark betroffen.”

Auch Großmächte wie China und die USA kriegen die Auswirkungen von Extremwetter zu spüren. In den USA zum Beispiel hatte der Hurrikan “Ian” im September 2022 einen wirtschaftlichen Schaden von 108 Milliarden Dollar verursacht.

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Die fünf teuersten Hurrikans in den USA

Globaler Süden tendenziell stärker betroffen

Grundsätzlich zeigt sich das Bild, dass Länder auf der Südhalbkugel in besonderem Maße betroffen sind von den Auswirkungen von Extremwetterereignissen. Das sei besonders deshalb so dramatisch, weil häufig Kapazitäten fehlen, sich anzupassen und besser darauf zu reagieren. Deshalb fordert Germanwatch von der internationalen Gemeinschaft, die betroffenen Länder viel stärker finanziell zu unterstützen.Diese Länder haben eben sehr wenig zur Klimakrise beigetragen”, sagt Klima-Referentin Künzel.

Außerdem gelte es, den Klimaschutz insgesamt voranzutreiben. Mit jedem Zehntel Grad weniger Erwärmung, könne die Belastung minimiert werden. Für Germanwatch enthält der Index eine wichtige Botschaft: “Aus unserer Sicht ist die Klimakrise eine der größten Sicherheitsbedrohung, die es global gibt”, sagt Künzel. Denn Stürme, Starkregen und damit Überflutungen und Hitzewellen werden durch die Klimaerwärmung häufiger und heftiger, und sie kosten Menschenleben und Geld, können ein Land in seiner Entwicklung hemmen und destabilisieren – und zwar weltweit.

Forderung an Münchner Sicherheitskonferenz

Deshalb appelliert Künzel an die teilnehmenden Staats- und Regierungsvertreter, die an diesem Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz zusammenkommen, die Bedrohung durch die Klimaerhitzung ernst zu nehmen – gerade mit Blick auf den neuen US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump. “Nur weil der Klimawandel geleugnet wird oder Klimaschutzmaßnahmen eingestellt werden, endet die Klimakrise eben nicht.”