Die Klage ist schon Jahrzehnte alt, aber vor dieser Wahl ist sie so laut wie selten: Die Wähler wissen nicht mehr recht, wen sie wählen sollen. Das politische Personal sei unfähig, heißt es. Wenn die Bundesregierung nur ein bisschen mehr so geführt würde wie ein Unternehmen, dann wäre alles besser: Zielstrebig müssten die Minister sein und fachkompetent.
Unternehmer sagen das besonders oft, aber selbst in den unteren Rängen des öffentlichen Dienstes hat diese Ansicht bemerkenswert viele Anhänger: Wenigstens wie ein gemeinnütziges Unternehmen könnte das Land geführt sein!
Dabei ist jedem klar: Politik funktioniert nicht wie ein Unternehmen. Das fängt beim Gewinnstreben an, das beim Staat durch das Gemeinwohl ersetzt ist. Er kann sich seine Produkte auch nicht aussuchen. Manches muss er machen, auch wenn er dazu weder den Willen noch die Fähigkeiten hat. Welches private Unternehmen hätte sich schon von jetzt auf gleich umorientiert und statt grüner Energien plötzlich wieder die Landesverteidigung nach vorne gestellt?
Der Staat kann in der Regel auch weniger Risiken eingehen. Wenn ein Unternehmen alles auf eine Karte setzt und scheitert, dann gehen die Kunden eben zur Konkurrenz. Der Staat hat aber keine Konkurrenz, die notfalls die Lücke füllen könnte. Er geht andererseits auch nicht so einfach pleite, was wiederum Konsequenzen für die Motivation der Mitarbeiter hat.
Welche Kompetenz braucht ein Minister?
All das ist wahr, und es ist den schlaueren Rufern auch klar. Manchen geht es um die Fertigkeiten und Kenntnisse: Zuletzt habe es den Regierungsmitgliedern an Kompetenz gefehlt.
Sehen wir für einen Moment davon ab, dass sich in den vergangenen Jahren auch längst nicht alle Unternehmenslenker als besonders fortschrittlich und zielstrebig erwiesen haben. Dann ist an dieser Behauptung trotzdem wahr, dass Politiker ein anderes Kompetenzprofil haben als Manager.
Sie brauchen auch ein anderes. Klassische Fachkompetenz und Personalführung, die man in Unternehmen benötigt, sind in der Politik nur ein Teil der Mischung (und manchmal schwächer ausgeprägt). Ein guter Minister braucht zudem politisches Geschick. Er muss Mehrheiten organisieren und nach langen Verhandlungen auch mal einen brauchbaren Kompromiss schließen können. Das gilt für Manager nicht im gleichen Ausmaß. Politiker brauchen aber all das.
Wenn es an Fachkompetenz fehlt, geht es so aus wie im Wirtschaftsministerium, das die Strukturprobleme des Landes lange übersah. Wenn es an politischem Geschick fehlt, geht es so aus wie im Gesundheitsministerium, das etwa von der Krankenhausreform nur kleine Teile umsetzen konnte. Beides lief nicht optimal.
Einfach Manager-Fähigkeiten von Politikern zu verlangen, das hilft jedenfalls nicht weiter. Seitenwechsler hatten in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten nur selten Erfolg, egal ob sie aus der Unternehmenswelt in die Politik gingen oder umgekehrt. (Über den Erfolg von Friedrich Merz steht ein endgültiges Urteil noch aus, bisher ist er jedenfalls schon weiter gekommen als die meisten anderen Seitenwechsler.)
Wie eine Regierung ein gemeinsames Ziel verfolgt
Auch all das wissen die Klügeren unter denen, die mehr Unternehmensgeist in der Politik fordern. Sie wollen eine Regierungsmannschaft, die sich auf ein Ziel einschwört und dieses Ziel gemeinsam verfolgt.
Das wiederum wäre tatsächlich wünschenswert, es ist nur leider schwierig zu erreichen. In den vergangenen 20 Jahren wurden fast alle Bundesregierungen von einer großen Koalition getragen oder eben von der Ampel. Dass solche Regierungen das Land nicht besonders voranbringen und oft die Ränder stärken, wurde in den vergangenen Jahrzehnten deutlich. Da mögen sich im besten Fall die Parteispitzen auf ein gemeinsames Ziel einschwören, für den Rest der Parteien gilt das noch lange nicht.
Wer mehr Entschiedenheit in der Bundesregierung will, der wählt also am besten so, dass sich auch ohne extreme Parteien vom Rand eine Mehrheit in einem Lager ergibt. Im Moment sehen die Umfragen nicht so aus. Aber man darf ja mal hoffen.