Habeck präsentiert seine Agenda für „das erste Regierungsjahr“

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Der Spitzenkandidat der Grünen, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, hat in Berlin ein Sofortprogramm für eine Regierung unter seiner Führung als Bundeskanzler vorgestellt. Erster Punkt darin ist der Klimaschutz. Habeck sagte, er und die Grünen stünden für „Kurs halten beim Klima- und Naturschutz“. Er stellte einen „Nationalen Pakt für bessere Bildung“ in Aussicht. Dieser solle gemeinsame Bildungsstandards mit Bund und Ländern erarbeiten, aber auch mindestens zehn Milliarden Euro im Jahr für Sanierung und Digitalisierung im Schulwesen aufbringen. Zudem sollen Sportstätten und Spielplätze bundesweit saniert und ausgebaut werden, als „Orte des Zusammenkommens“ für Menschen unterschiedlicher Herkunft und Lebensweisen.

Habeck sagte zudem 15 Euro Mindestlohn und die Stabilisierung des Rentenniveaus zu. Familien sollten entlastet, Wohneigentum für junge Familien solle gefördert werden. Im Bereich innere Sicherheit bekräftigte Habeck einen strikteren Kurs, darunter eine „Vollstreckungsoffensive“ für Haftbefehle sowie „ein hartes Vorgehen gegen Desinformation und die Untergrabung unserer Demokratie“. Er wolle „dauerhaft deutlich mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts“ in die Verteidigungsfähigkeit investieren, finanziert auch über Kredite. Deutschland solle „partnerschaftlich an der Seite der Ukrai­ne stehen“. Die Vorschläge sollen in erster Linie durch eine Reform der Schuldenbremse finanziert werden, aber auch durch höhere Steuern.

Innerhalb der Grünen gab es Kritik an Habecks Zehn-Punkte-Plan

Habeck sprach bei der Veranstaltung vor einer grünen Wand mit der Textzeile „Aufbruch statt Rückschritt“. Gefragt danach, ob die Union aus seiner Sicht noch ein Koalitionspartner für die Grünen sei, sagte er: „Die Union ist eine absolute Blackbox“, man wisse nicht, wer bei CDU und CSU was zu sagen habe, wer was wolle. Unklar sei auch, ob die Union aus dem Abstimmungsverhalten mit der AfD gelernt habe. Er habe bisher keine Rücknahme dessen gehört, „was da als Wortbruch passiert ist“, sagte Habeck. Darüber führten kluge Leute in der Union eine Debatte, „die sehr tief ist“.

Innerhalb der Grünen und der Grünen Jugend hatte es in der vergangenen Woche Kritik an einem Zehn-Punkte-Plan Habecks zur inneren Sicherheit und zur Migration gegeben. Der Kanzlerkandidat der Grünen hatte darin unter anderem eine Stärkung der Bundespolizei und einen deutlich strikteren Umgang mit Migration gefordert. In einem kurzen Text vor den eigentlichen zehn Punkten hatte es geheißen: „Die Sicherheitsbehörden brauchen das Personal, die Technik und die Befugnisse, um Gewalttäter dingfest und Terroristen rechtzeitig ausfindig zu machen und Anschlagspläne aufzudecken. Zu einer Sicherheitsoffensive gehören auch Schritte, die die irreguläre Migration weiter reduzieren und begrenzen. Damit erhalten wir auch die Akzeptanz für eine humane Flüchtlingspolitik.“

Habeck sieht sich in Außenseiter-Position

Der Text war exklusiv der „Bild“-Zeitung zugegangen. Die Grüne Jugend hatte daraufhin umgehend ein eigenes Papier erstellt, das zunächst in der „Süddeutschen Zeitung“ erschien. Darin wurden soziale Maßnahmen zur Beilegung der angespannten Lage rund um das Thema Migration vorgeschlagen. Insbesondere das Vorhaben, Migration „begrenzen“ zu wollen, fand innerparteilich Widerspruch.

Wie die „Bild“ und der CSU-Politiker Alexander Dobrindt später feststellten, fehlten Passagen in der Onlineversion des Textes, was zu Überschriften wie „Jetzt zensieren die Grünen schon Habeck!“ führte. Im Sofortprogramm fehlt der Begriff „begrenzen“, Habeck schreibt: „Die Migration will ich ordnen und Integration stärken.“ Der Grünen-Kandidat sagte am Mittwoch, wenn man eine Bewegung – die Migration – steuere, dann „dämmt man sie ein oder begrenzt sie“, das sei aus seiner Sicht alles „Wortklauberei“.

Zu seinen Wahlaussichten sagte Habeck: „Ich habe mir nie Illusionen darüber gemacht, dass ich in der ‚Underdog‘-Position starte.“ Er ergänzte: „Wir haben uns ungefähr auf das Ergebnis der letzten Bundestagswahl hingekämpft“; dieses lag bei 14,8 Prozent. Und weiter: „Wir haben eine hohe Mobilisierung in die Gesellschaft hinein.“ Die Dynamik des Aufschwungs könne „ansteigen und weiter anziehen“, so Habeck. Die Lage sei „dynamischer, als die Umfragen es nahelegen“. Er zeigte sich mit Blick auf eine hohe Zahl noch unentschiedener Wähler für die Bundestagswahl am 23. Februar optimistisch.