Der FC Bayern beendet in Glasgow nach über einem Jahr eine Negativserie. Trotzdem weckt die Mannschaft böse Erinnerungen. Kann das weiter gutgehen?
Aus Glasgow berichtet Julian Buhl
Die Beats hallten ein wenig blechern aus den Boxen. Sie füllten den in Rot beleuchteten Festsaal des Radisson Blu Hotels in Glasgow, in dem der FC Bayern sein Quartier bezogen hatte. Doch so richtig überspringen wollte der Funke trotzdem nicht bei den zum Champions-League-Bankett geladenen Gästen.
Von ausgelassener Partystimmung war im Teamhotel der Münchner wenig zu spüren. Nach dem am Ende knappen 2:1-Erfolg im Hinspiel der Playoffs um den Einzug ins Achtelfinale der Königsklasse wirkte die Stimmung im Saal eher gedämpft statt euphorisch. Bei Lendensteak mit Whisky-Pfeffersoße und gebratenem Lachs in Schalotten-Kräutercreme stießen die Anwesenden eher nüchtern mit Weiß-, Rosé- und Rotwein auf den gelungenen Teilerfolg an.
Als erste Mannschaft überhaupt seit über einem Jahr eroberten die Bayern zwar das “Paradise”, wie der Glasgower Celtic Park genannt wird. Den entscheidenden Schritt Richtung K.-o.-Runde gilt es am kommenden Dienstag beim Rückspiel in München aber erst noch zu machen.
Dass es keine Selbstverständlichkeit war, dass die Bayern in dieser Fußball-Festung bestanden, das betonte auch Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen bei seiner Bankettrede. “Das war heute sicherlich kein einfaches Spiel, insbesondere die letzten 20 Minuten habt ihr es noch mal spannend gemacht”, sagte Dreesen und richtete seine Worte direkt an die ebenfalls komplett anwesende Mannschaft. Trotzdem sei es “ein besonderer Tag”.
Warum? Weil Bayern damit eine seit über einem Jahr andauernde Negativserie beendet hat. “Wenn man mal von dem Auswärtsspiel gegen Donezk absieht, ist das heute der erste Auswärtssieg seit dem 12.12.2023”, führte Dreesen aus und erinnerte damit an den 1:0-Erfolg bei Manchester United in der Gruppenphase der vergangenen Saison. Er bezog sich dabei nur auf die Spiele in der Champions League.
Das Spiel gegen Donezk hatte aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine in Gelsenkirchen ausgetragen werden müssen. Alle drei weiteren richtigen Auswärtsspiele in dieser Champions-League-Saison hatten die Münchner verloren: 0:1 bei Aston Villa, 1:4 beim FC Barcelona und 0:3 bei Feyenoord Rotterdam.
Dass die Bayern nun im stimmungsgeladenen Celtic Park bestanden, war also alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Allerdings fremdelten sie teilweise auch auf dem fremdem Terrain in Glasgow. Gegen die tiefstehenden und in der Abwehr gut organisierten Gastgeber taten sich die Bayern lange schwer, überhaupt Torchancen herauszuspielen.
Die wenigen guten Möglichkeiten ließ insbesondere Topstürmer Harry Kane zunächst gleich zweimal in guter Position aus. Dass Bayern trotzdem in der letzten Minute der ersten Halbzeit in Führung ging, war in erster Linie auf die individuelle Klasse von Michael Olise und seinem Traumtor zurückzuführen. Kurz nach dem Seitenwechsel sorgte Kane dann artistisch per Volleyschuss mit links für die Vorentscheidung (49.). Mit diesem Doppelschlag brachten die Bayern den Celtic Park und die knapp 60.000 heißblütigen schottischen Fans zumindest vorübergehend zum Schweigen.
Trotzdem geriet der deutsche Rekordmeister nach dem 1:2-Anschlusstreffer (79.) dann noch einmal enorm unter Bedrängnis. Zu einem Zeitpunkt, an dem der zuvor deutlich unterlegene Gegner eigentlich schon geschlagen schien. Plötzlich wurden böse Erinnerungen zum Beispiel an die wilde Schlussphase in der Bundesliga zuletzt gegen Aufsteiger Kiel wach, der nach einer 4:0-Führung noch einmal auf 4:3 herangekommen war.
Auch Sportvorstand Max Eberl musste nach dem 2:1-Sieg feststellen: “Wir haben 2:0 geführt. Und dann bringen wir uns unnötig wieder in die Situation, am Ende noch zittern zu müssen.”