Der Bürgermeister von Neckarbischofsheim und Freund der Familie des in Mannheim erstochenen Polizisten Rouven Laur hat sich zum Prozessauftakt enttäuscht von der Politik gezeigt. Nach dem tödlichen Messerangriff in Mannheim seien viele Versprechungen gemacht worden, sagte Thomas Seidelmann (parteilos) vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. „Wenn Sie hier mit Polizisten sprechen oder überhaupt in ganz Deutschland mit Polizisten sprechen, dann merken Sie, es ist sehr, sehr viel angekündigt worden, sehr wenig passiert.“
Der Generalbundesanwalt wirft einem 26 Jahre alten Afghanen vor, den 29 Jahre alten Beamten am 31. Mai 2024 heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen ermordet und fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) mit einem Messer verletzt zu haben. Oberstaatsanwältin Verena Bauer zufolge haben Ermittlungen ergeben, dass der Angeklagte sich im Internet islamistisch radikalisiert hatte. Eine Mitgliedschaft in der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Daher beschränkt sich die Anklage auf den Mordvorwurf. Der Polizist Rouven Laur erlag später seinen Verletzungen. Ein anderer Beamter schoss den Angreifer nieder, der zuletzt im hessischen Heppenheim gelebt hatte.
„Gesetze härter umsetzen“
Seidelmann sagte am Donnerstag weiter: „Ich wünsche mir, dass wir wieder einen Zustand kriegen, in dem das Grundgesetz geachtet wird und das Grundgesetz oder überhaupt Gesetze gut umgesetzt werden.“ Da sehe er momentan einen großen Mangel. „Wir haben das beste Grundgesetz, das man überhaupt haben kann. Wir haben tolle Gesetze und die müssen einfach auch härter umgesetzt werden – und die Polizei muss auch wieder ihre Aufgaben erfüllen dürfen.“
Die Tat löste eine intensive Debatte über den Umgang mit islamistischen Gefährdern aus. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte eine härtere Gangart an. Als Reaktion verschärfte die Bundesregierung ihre Migrationspolitik deutlich: Ein neues Gesetz erleichtert seitdem die Ausweisung von Ausländern bei islamistischer Hasskriminalität. Erstmals seit Jahren gab es auch wieder einen Abschiebeflug nach Afghanistan; ein weiterer soll derzeit geplant werden.
Die Tat trug auch dazu bei, die Migrationsdebatte im Bundestagswahlkampf zu verschärfen. Denn Deutschland erlebte in den vergangenen Monaten weitere schwere Gewalttaten: Messerangriffe in Solingen und Aschaffenburg sowie der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt erschütterten das Land. Die Sicherheitspolitik wurde dadurch zu einem zentralen Thema im Wahlkampf. Für das Verfahren in Mannheim sind bislang 52 Verhandlungstage bis Ende Oktober terminiert. Ein Termin für eine Urteilsverkündung steht noch nicht fest.