Tierschutz
Fluch oder Segen: Hat Botsuana zu viele Elefanten?
Aktualisiert am 09.12.2024 – 06:00 UhrLesedauer: 5 Min.
In Botsuana leben mehr Elefanten als in jedem anderen Land. Das zieht viele Touristen an. Für Einwohner in ländlichen Gegenden werden die Jumbos jedoch oft zum Problem.
Botsuana gilt als Land der Elefanten. Wer hier auf Safari geht, wird zweifelsohne Dutzende der grauen Riesen zu sehen bekommen. Denn der Staat im südlichen Afrika hat nach Angaben der Tierschutzorganisation Elephants Without Borders (EWB) mit geschätzt 130.000 wilden Elefanten die größte Elefanten-Population aller Länder. Das ist gut für den Tourismus, Botsuanas zweitgrößte Industrie nach dem Diamantenbergbau. Doch die hohe Anzahl der Dickhäuter birgt auch viele Probleme.
Elefanten brauchen viel Platz und Nahrung. Schließlich sind sie die größten Landtiere der Welt. Ein erwachsener Bulle trinkt nach Angaben der Umweltstiftung WWF bis zu 200 Liter Wasser pro Tag und frisst rund 150 Kilogramm. “Elefanten müssen täglich weite Strecken zurücklegen, um Futter zu finden, und zerstören dabei viele Bäume”, erklärt Walona Sehularo von der Tierschutzorganisation Elephants for Africa in Botsuana.
Die Dickhäuter richten dabei Schaden auf Waldflächen und Feldern an, fressen Strohdächer von Hütten, fallen in Gemüsegärten ein und verwüsten Dörfer, wie Sehularo schildert. Es komme in Botsuana nahezu täglich zu Konflikten zwischen Elefanten und Menschen, die ihr Hab und Gut verteidigen wollten. Jedes Jahr werden in Botsuana und in anderen afrikanischen Ländern Menschen von Elefanten getötet, und Menschen töten Elefanten – als Vergeltung, wegen des Elfenbeins oder bei der Trophäenjagd.
Rebecca Gatshele kennt die Sorgen um die Schäden durch Elefanten gut. Sie ist Bäuerin in Morematao, einem kleinen Dorf, das im Norden des Landes an den Makgadikgadi Pans Nationalpark grenzt. Über die Jahre haben Elefanten immer wieder die Ernte von Gatshele und anderen Landwirtinnen und Landwirten zerstört. Über Monate gezüchtete Nahrungspflanzen wie Mais, Sorghum, Bohnen, Erbsen und Kürbisse seien innerhalb weniger Stunden von den grauen Riesen geplündert worden, klagt die 56-Jährige. Wassersuchende Elefanten vertrieben Bauern von ihren Brunnenanlagen und demolierten Wasserleitungen.
Wer die Gegend um Morematao besucht, kann die Zerstörung durch Elefantenherden leicht erkennen. Rund 50 Prozent der Bäume und Sträucher sind beschädigt, umgestoßen oder entwurzelt. “Wenn es zu viele Elefanten gibt, hat das Auswirkungen auf die übrige Natur, die Pflanzen- und Tierwelt. Elefantenzahlen zu kontrollieren, ist daher eine gute Sache”, sagt auch Gofiwa Thebenala, der Naturschutzmanager des Tuludi Camps im Khwai Naturreservat im Okavango-Delta.
Um Elefanten fernzuhalten, hat Gatshele gemeinsam mit anderen Bauern ihre Felder mit Baumstämmen und Ästen eingezäunt. Elephants for Africa stellt ihnen während der Erntesaison getrockneten Chili zur Verfügung, der verbrannt wird, um die Dickhäuter abzuschrecken. “Doch wenn ein Elefant wirklich etwas will, kann man kaum etwas tun, um ihn aufzuhalten”, sagt Gatshele resigniert. Selbst Elektrozäune helfen dann nicht.
In Gegenden, in denen es viele Elefanten gibt, hätten zahlreiche Bauern aufgegeben, ihre Felder zu bestellen, sagt Sehularo. “Die Menschen leben in ständiger Angst. Sie haben Angst, Feuerholz suchen zu gehen, ihr Vieh zu Wasserstellen zu führen, ihre Kinder zur Schule gehen zu lassen oder Bekannte in Nachbardörfern zu besuchen”, erzählt er. “Die traurige Realität ist, dass es im Zusammenleben mit Elefanten immer Probleme geben wird”.
Elephants for Africa will Einwohnern helfen, einen Weg zu finden, mit den Tieren in Einklang zu leben, auch wenn dies nicht einfach sei, sagt Sehularo. Denn Elefanten spielten trotz ihrer zerstörerischen Seite eine wichtige Rolle im Ökosystem. “Sie tragen zur biologischen Vielfalt bei, weil sie täglich weite Strecken zurücklegen und dabei Samen transportieren”, sagt Sehularo. Viele kleinere Tierarten ernährten sich von Elefantendung, der zahlreiche Nährstoffe enthalte. Und grasende Tiere profitierten davon, dass Elefanten Bäume umstoßen und damit Äste und Blätter einfacher erreichbar machten.