Großbritannien knüpft seine Bereitschaft, bei der Friedenssicherung in der Ukraine eine militärische Führungsrolle zu übernehmen, an eine amerikanische „Rückversicherung“. Der britische Verteidigungsminister John Healey bekräftigte am Dienstag diese Forderung, die zuvor schon Premierminister Keir Starmer nach dem informellen europäischen Gipfeltreffen in Paris geäußert hatte.
Healey sagte in London, er wolle keine genauen Angaben über die Größe eines britischen Truppenkontingents machen, das zur Friedenssicherung in die Ukraine entsandt würde; es sei nicht gut, „den russischen Präsidenten Putin schlauer zu machen“. Klar sei aber, dass eine Sicherheitsgarantie für die Ukraine so beschaffen sein müsse, dass sie einen dauerhaften Frieden gewährleiste und russische Aggressionen wirksam abschrecke. Healey sagte, „am Ende können nur die Amerikaner eine Abschreckung liefern, die bei Putin wirkt“.
Nach Angaben Healeys wird Starmer in der nächsten Woche nach Washington reisen, um mit Präsident Donald Trump zu erörtern, welche Rolle die Amerikaner in der Friedenssicherung der Ukraine spielen müssten. Herbert McMaster, der zwischen 2017 und 2018 Sicherheitsberater des Weißen Hauses in Trumps erster Regierungszeit war, sagte am Montag in London, das Gespräch Starmers mit Trump sei „sehr wichtig“. Der britische Premierminister habe eine gute Chance, die amerikanische Haltung gegenüber der Ukraine und den europäischen Verteidigungs-Anstrengungen zu beeinflussen; Trump „ist oft nicht gewahr, wie das, was er sagt, vom internationalen Publikum aufgenommen wird, das müssen ihm seine Gesprächspartner klar machen“. Trump lerne und höre zu, er lerne durch Gespräche, sagt McMaster.
Healey kündigt „größte Reform seit 50 Jahren“ an
Stimmen in der regierenden Labour-Partei und bei den oppositionellen Liberaldemokraten plädieren für eine parlamentarische Beteiligung an der Entscheidung zu einer möglichen Truppen-Entsendung in die Ukraine. Die Regierung lässt bislang offen, ob sie diese Forderung akzeptieren würde. Frühere führende Offiziere der britischen Streitkräfte äußerten am Dienstag weitere Zweifel daran, dass die Armee für den Einsatz eines größeren Kontingents in der Ukraine ausreichend gerüstet wäre.
Der frühere Chef der Streitkräfte Lord Alan West gab an, wenn 10.000 britische Soldaten in die Ukraine geschickt würden, seien keine Kräfte mehr übrig für den Fall, das anderswo in der Welt ein Einsatz notwendig werde.
Healey kündigte am Dienstag auch einen grundlegenden Umbau des britischen Verteidigungsministeriums an, durch den finanzielle und personelle Einsparungen erreicht werden sollen, die der Einsatzfähigkeit der Armee zugute kommen könnten. Nach Healeys Worten werde „die größte Reform seit 50 Jahren“ vor allem klarere Zuständigkeiten und Verantwortungsfelder definieren. Er gestand ein, dass das britische Heer gegenwärtig nicht einmal die Sollstärke von 72.000 Soldaten erreicht und beklagte, die konservativen Vorgänger-Regierungen hätten mit massiven Einsparungen die Truppenstärke in den vergangenen 15 Jahren um ein Viertel geschrumpft.
Healey bekräftigte, Großbritannien werde in den nächsten Jahren die Höhe seines Wehretats auf 2,5 Prozent der Wirtschaftsleistung steigern; der Weg dorthin werde im Frühjahr zusammen mit der „Defence Review“, dem nächsten britischen Weißbuch, vorgestellt.