Die kultige “Like a Dragon”-Reihe bekommt einen neuen Teil. Was Spieler hier an Absurditäten erwartet, zeigt unser Test.
Der tätowierte Mann mit Augenklappe erwacht ohne Erinnerungen an einem weißen Sandstrand und wird nach wenigen Sekunden von einem kleinen Jungen und einem Tiger empfangen. Das klingt absurd? Richtig – doch es ist nur der Anfang von “Like a Dragon: Pirate Yakuza in Hawaii” und vermutlich noch eine der normalsten Szenen in einem Spiel, das sich über weite Teile nicht ernst nimmt.
Im Jahr 2005 erschien der erste Teil der Kultreihe, die damals noch unter dem Namen “Yakuza” fungierte. Yakuza ist eine Sammelbezeichnung für die japanische Mafia, die mittlerweile neun Hauptteile sowie weitere Ableger spielen allesamt im Dunstkreis der verschiedenen Familien der japanischen Mafia.
Auch Goro Majima, der tätowierte Mann ohne Erinnerungen, ist ein legendärer Mafioso. Der neueste Serienteil spielt jedoch nicht in Japan, sondern auf der zu den USA gehörenden Inselkette Hawaii, genauer gesagt: in Honolulu, der größten Stadt Oahus, einer der hawaiianischen Hauptinseln. Auch das Meer vor Hawaii spielt eine große Rolle – denn Goro Majima ist im etwa 25 Spielstunden andauernden Actionspiel nicht in seiner klassischen Rolle als Boss einer Mafiafamilie, sondern als Piratenkapitän unterwegs.
Nach der Begrüßung durch den kleinen Jungen Noah und dessen Tigerbaby findet sich Goro Majima am Strand von Rich Island wieder, einer winzigen Insel, die von Piraten geplagt wird. Nach einigen Prügeleien an den Stränden gelangt er in den Besitz eines eigenen Schiffes samt Crew, wodurch aus dem legendären Yakuza im Handumdrehen ein Piratenkapitän wird.
Majima muss also seine verlorenen Erinnerungen wiederfinden und gleichzeitig das Geheimnis um den mythischen Schatz der Esperanza lösen. Dabei gibt es jedoch ein Problem: Die Insel, auf der dieser gigantische Piratenschatz vergraben sein soll, diente lange als Atommülllager – und ist außerdem die Kultstätte des geheimnisvollen Palekana-Kultes, der bereits aus dem Vorgängerspiel “Like a Dragon: Infinite Wealth” bekannt ist.
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Die Kultisten haben allerdings kein Interesse daran, Majima bei der Suche nach dem Schatz zu unterstützen. Und so muss sich der Piratenkapitän Hilfe bei der Herrscherin von Madlantis suchen, dem verborgenen Hauptquartier der hawaiianischen Piraten.
Nach der ersten Spielstunde gewinnt die Handlung deutlich an Fahrt – und behält sie bis zum Schluss. Sie ist geprägt von Wendungen, immer neuen Absurditäten und viel Humor. Dabei sticht insbesondere der Gegensatz aus ernsten Szenen und Klamauk hervor. Für Serienneulinge kann diese Ambivalenz zunächst verstörend wirken, doch wer sich damit arrangieren kann, wird mit einer durchweg spannenden Story belohnt.
“Like a Dragon: Pirate Yakuza in Hawaii” basiert auf der sogenannten “Dragon Engine”, des Entwicklerstudios Ryu Ga Gotoku, die erstmals im 2016 erschienenen “Yakuza 6” zum Einsatz kommt. Taufrisch sieht der fast zehn Jahre alte Grafikmotor auch nicht mehr aus, viele Texturen sind unscharf, einige Elemente wie Bäume oder Felsen wiederholen sich häufig.
Trotzdem schaffen es die Entwickler, viel Atmosphäre herauszuholen. Das abendliche Honolulu hat mit seinen Fackeln, der bunten Beleuchtung in den Stadtvierteln und den vielen Restaurants und Läden durchaus eine nette Atmosphäre, auch während der Seemissionen kann das Spiel weniger durch seine Technik als durch seine Stimmung überzeugen. So ist “Like a Dragon: Pirate Yakuza in Hawaii” sicherlich kein Grafikwunder, aber auch mitnichten ein optischer Reinfall.

Die große Stärke der “Yakuza” – beziehungsweise der “Like a Dragon”-Reihe ist seit jeher die spielerische Vielseitigkeit. Im Kern ist auch der neueste Serienteil ein klassischer “Brawler” – also ein actionreiches Abenteuer mit Nahkampffokus, in dem der Protagonist scharenweise Gegner durch die Verwendung zweier Kampfstile auf die Bretter (oder über die Planke) schickt. Die Kämpfe spielen sich flüssig und sind unterhaltsam, einzig und allein die Kamera hat manchmal Schwierigkeiten, der flinken Action zu folgen. Im Test verlor Goro Majima einige Kämpfe, weil das Geschehen auf dem Bildschirm von einer Häuserecke oder einer Kiste verdeckt wurde.