Seit Jahren folgt in den Werken, Büros und Entwicklungsabteilungen des Autozulieferers Continental eine Restrukturierung der nächsten. Jetzt hat der Dax-Konzern aus Hannover weitere Einschnitte beschlossen, von denen sich Conti erhofft, dass sie die globale Technologieentwicklung effizienter machen. Wie Conti am Dienstag mitteilte, sollen in der globalen Forschung und Entwicklung, kurz F&E, seiner Automotive-Sparte bis Ende kommenden Jahres weitere 3000 Stellen wegfallen, etwa zehn Prozent der Belegschaft in der F&E. Philipp von Hirschheydt, zuständiger Manager im Conti-Vorstand, spricht von Schritten, die nötig seien, um die „Wettbewerbsstärke im Sinne unseres nachhaltigen Markterfolgs“ zu verbessern.
Als Gesamtkonzern hat Conti derzeit drei Geschäftsfelder: Reifen, Gummiprodukte für die Industrie, die in der Sparte Contitech gebündelt sind, und die Sparte für Software, Elektronik und Sensorik. Diese Einheit namens Automotive kämpft mit den Umbrüchen am Markt und soll bald abgespalten werden. Den Weg dafür soll der Aufsichtsrat Mitte März freimachen, bevor die Hauptversammlung Ende April die Ausgründung über einen „Spin-off“ beschließt.
Schon vergangenes Jahr hatte Conti beschlossen, in der Automotive-Sparte rund 7150 Stellen abzubauen, die meisten in der Verwaltung. Etwa 1750 entfielen auf F&E, die jetzt noch stärker sparen soll. Ziel ist es, die Entwicklungskosten im Verhältnis zum Umsatz bis zum übernächsten Jahr auf weniger als zehn Prozent zu drücken. Zuletzt lag die sogenannte F&E-Quote bei etwa zwölf Prozent, ein Wert, den Börsenfachleute als zu hoch empfinden.
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Der im vergangenen Jahr beschlossene Stellenabbau ist nach Angaben von Conti zu mehr als 80 Prozent umgesetzt. Zu dem jetzt beschlossenen Abbau von 3000 weiteren Stellen heißt es, weniger als die Hälfte davon entfalle auf Deutschland. Das darf als Signal an die Belegschaft und die IG Metall verstanden werden, die spätestens seit dem heftigen Sparprogramm des Großkunden Volkswagen einen Kahlschlag in der deutschen Automobilindustrie befürchtet. Weiter heißt es von Conti, ein großer Teil der neuen Einschnitte solle über „natürliche Fluktuation“ laufen, etwa indem Stellen nicht nachbesetzt werden. Betriebsbedingte Kündigungen werden in der Mitteilung vom Dienstag nicht ausgeschlossen.
Umbau in Deutschland beschleunigt sich weiter
Klar ist, dass sich auch bei Conti der Umbau am Standort Deutschland weiter beschleunigt. In dem neuen Abbauprogramm steht unter anderem Babenhausen im Fokus, ein Standort, dessen geplante Schließung zuletzt nach Verhandlungen mit der Gewerkschaft auf das Jahr 2028 verschoben worden war. Nun heißt es, zwölf Prozent der dortigen Mitarbeiter seien betroffen. Am Standort Frankfurt treffen die Pläne laut Conti fünf Prozent der Belegschaft. Weitere Eingriffe plant die Konzernführung um Vorstandschef Nikolai Setzer auch in Ingolstadt, Regensburg und Schwalbach.
Außerdem sollen in den Tochtergesellschaften Elektrobit und Continental Engineering Services Stellen wegfallen, im Falle von Elektrobit 480 Arbeitsplätze, davon 330 in Deutschland. Bei Continental Engineering Services sollen es global 420 Stellen sein, davon 330 in Deutschland. Vom Standort Nürnberg will sich die Tochtergesellschaft, die als Entwicklungsdienstleister für den Konzern und externe Kunden arbeitet, sogar vollständig zurückziehen.
Alles in allem arbeiteten zuletzt rund 195.000 Mitarbeiter für Conti auf der ganzen Welt. Knapp die Hälfte davon, rund 91.000 Mitarbeiter, sind in der Automotive-Sparte angestellt. Davon sind aktuell wiederum rund 31.000 für die F&E tätig. Konzernchef Setzer und Automotive-Spartenchef Hirschheydt begründen die neuen Einschnitte nun mit dem „gegenwärtig herausfordernden Marktumfeld im Zuge der grundlegenden Markttransformation in Richtung Zukunftstechnologien“.
Dahinter verbirgt sich ein Umbruch, der die ganze deutsche Autobranche erfasst hat und vor allem in der Riege der Zulieferer um sich greift. Technik wie das automatisierte Fahren verschlingt Milliarden und entwickelt sich zu einem Feld, auf dem zunehmend finanzstarke Tech-Konzerne wie Google oder dessen chinesisches Pendant Baidu den Ton angeben. Conti und Co. wollen sich noch stärker auf bestimmte Spezialfelder fokussieren. Die Aufteilung des Konzerns soll die einzelnen Conti-Sparten außerdem beweglicher machen. Die Vorbereitungen für den Spin-off der Automotive-Sparte will das Management Ende des dritten Quartals abschließen.