Deutschland und China koppeln sich wirtschaftlich immer mehr voneinander ab. Der Handel zwischen beiden Ländern sank im vergangenen Jahr dem Wert nach um drei Prozent, nachdem er schon 2023 um 15 Prozent eingebrochen war. Es ist das erste Mal seit mindestens 35 Jahren, dass der bilaterale Handel zwei Jahre nacheinander geschrumpft ist.
Die Impulse zur Abkoppelung gehen von beiden Seiten aus. Im Jahr 2023 war es vor allem Deutschland, das erheblich weniger Waren aus China einführte. Im vergangenen Jahr aber war es China, das den bilateralen Handel verringerte. China kaufte dem Wert nach 7,5 Prozent weniger deutsche Waren ein, nach einem Minus von 8,8 Prozent im Vorjahr. Der abermalige Rückgang der deutschen Ausfuhr nach China ist umso auffälliger, weil China seine Einfuhr insgesamt trotz der wirtschaftlichen Abschwächung noch ein wenig gesteigert hatte. Das deutet darauf hin, dass deutsche Waren in China generell weniger gefragt sind.
Die Produkte hoher Qualität, die China traditionell aus Deutschland bezogen hatte, würden weniger nachgefragt, sagte der Ökonom Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. „Chinesische Unternehmen stellen diese Waren mittlerweile selbst her, auch als Ergebnis der chinesischen Industriepolitik der vergangenen Jahrzehnte“, sagte er. Gern bezog sich dabei vor allem auf Autos und Maschinen. Zugleich trügen Produktionsverlagerungen wie von BASF nach China zur Verringerung des bilateralen Handels bei. Gern betonte, dass neben diesen strukturellen Faktoren auch die konjunkturelle Abschwächung in China den Außenhandel dämpfe.
Vereinigte Staaten rücken auf
Weil der deutsch-chinesische Handel nachlässt, rückten im vergangenen Jahr erstmals seit 2015 die Vereinigten Staaten wieder zum wichtigsten deutschen Handelspartner auf (F.A.Z. vom 23. Januar). Der bilaterale Warenhandel über den Atlantik hinweg erreichte mit 252 Milliarden Euro in etwa das Vorjahresniveau. China liegt mit einem bilateralen Handel von 246 Milliarden Euro knapp dahinter. Die deutsche Ausfuhr in die Vereinigten Staaten stieg 2024 um 2,2 Prozent auf 161 Milliarden Euro, die Einfuhr aus Amerika ging um 3,4 Prozent auf 91,4 Prozent zurück. Deutschland erwirtschaftete im Handel mit den Vereinigten Staaten einen Rekordüberschuss von fast 70 Milliarden Euro.
Die neuen Zolldrohungen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump setzen an einer dicken Stütze der deutschen Wirtschaft an. Nicht nur sind die Vereinigten Staaten wichtigster Handelspartner. Auch sind Autos die wichtigsten Exportgüter der hiesigen Wirtschaft. Trump hatte am Dienstag in Florida vor Journalisten angekündigt, dass er einen Einfuhrzoll auf Autos in Höhe von etwa 25 Prozent einführen wolle. Die Einfuhr von Medikamenten solle mit 25 Prozent oder höher verzollt werden. Nach Trumps Worten könnten diese Zölle Anfang April fixiert werden. Die USA erheben schon einen Einfuhrzoll von 25 Prozent auf die im Land beliebten SUV und von 2,5 Prozent auf normale Autos. Die deutsche Autoindustrie meidet den SUV-Zoll, indem sie viel in Nordamerika produziert.
Kraftwagen und Kraftwagenteile bleiben die wichtigsten Exportgüter
Nach Angaben des statistischen Bundesamt exportierte die Automobilindustrie insgesamt im vergangenen Jahr Waren im Wert von 262 Milliarden Euro. Das waren vier Prozent weniger als im Vorjahr. Doch bleiben Kraftwagen und Kraftwagenteile die wichtigsten Exportgüter des Landes, vor Maschinen und chemischen Erzeugnissen.
Die neuen Zolldrohungen Trumps kommen schon beschlossenen Einfuhrzöllen auf Stahl und Aluminium in Höhe von 25 Prozent hinzu, die vom 12. März an greifen sollen. Zudem hat der Präsident einen Zollaufschlag von 10 Prozent auf chinesische Waren verhängt. Die Regierung versucht, mit den Zöllen die nationale Sicherheit zu stärken und die amerikanischen Handelsbilanzdefizite zu verringern, indem mehr ausländische Investoren in den Amerika produzieren.
China hat schon Gegenzölle auf Kohle, verflüssigtes Erdgas und landwirtschaftliche Maschinen aus den USA erhoben und will bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Beschwerde einreichen: Amerika verstoße eklatant gegen die WTO-Regeln, weil es einseitig und willkürlich den Handelspartnern Zölle auferlege, argumentiert Peking. Die Europäische Union hält sich mit Gegenmaßnahmen gegen Amerika noch zurück.
Deutschland führte im vergangenen Jahr insgesamt Waren im Wert von 1556 Milliarden Euro aus und im Wert von 1316,9 Milliarden Euro ein. Die Ausfuhr sank in der schrumpfenden Wirtschaft um 1,2 Prozent, die Einfuhr um drei Prozent. Der Außenhandelsüberschuss erreichte 239,1 Milliarden Euro, nach 217,7 Milliarden Euro im Vorjahr.