In der Türkei ist ein ranghoher Vertreter der führenden Unternehmervereinigung TÜSIAD nach einer regierungskritischen Rede vorübergehend in Gewahrsam genommen worden. Ömer Aras wurde am Mittwoch öffentlichkeitswirksam von Polizisten zur Vernehmung abgeführt. Wenige Stunden zuvor hatte Präsident Recep Tayyip Erdoğan TÜSIAD scharf kritisiert. Die Vereinigung sei „voller Geschäftsleute, die im Schatten unfairer Profite und Privilegien zum Schaden der Nation gewachsen sind“, sagte er in einer Rede. „Sie haben einst durch Zeitungsüberschriften die Politik diktiert. Das haben wir beendet.“
Aras, ein Bankmanager, hatte kritisiert, dass in den vergangenen Wochen Hunderte Personen, darunter Politiker und Journalisten, festgenommen wurden. Er verwies auf den eklatanten Fall einer Künstleragentin, die wegen angeblichen Umsturzversuchs angeklagt wurde, weil sie vor zwölf Jahren an den Gezi-Protesten teilgenommen hatte. Solche Fälle hätten das Vertrauen der Gesellschaft in den Staat erschüttert, sagte Aras und beklagte eine Schwächung der türkischen Demokratie. Außerdem verlangte er den Rücktritt der Verantwortlichen für einen Brand in einem Skihotel, bei dem 78 Menschen wegen mangelnden Brandschutzes ums Leben gekommen waren.
Die Istanbuler Staatsanwaltschaft teilte mit, gegen Aras und den TÜSIAD-Präsidenten Orhan Turan werde wegen des „Versuchs der Beeinflussung eines fairen Gerichtsprozesses“ und wegen „Verbreitung von irreführenden Informationen“ ermittelt.