In Österreich zeichnet sich eine baldige Einigung über eine Koalition aus Christ- und Sozialdemokraten ab. Am Donnerstag sickerte aus den bis dahin hermetisch abgeschlossenen Verhandlerkreisen die Nachricht, ÖVP und SPÖ hätten sich auf einen Doppelhaushalt geeinigt. 2025 soll demnach ein Defizit von 6,4 Milliarden Euro ausgeglichen werden, 2026 sollen es 8,4 Milliarden Euro sein. Die Budgetsanierung ist erforderlich, um ein Defizitverfahren der Europäischen Union zu vermeiden. Der „Budgetpfad“ solle alsbald nach Brüssel gemeldet werden, hieß es. Die Parteichefs Christian Stocker (ÖVP) und Andreas Babler (SPÖ) wollten noch am Donnerstag oder Freitag bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen Bericht erstatten.
Anders als es in den gestreuten Formulierungen erscheint, handelt es sich offenbar nicht nur um Einsparungen. Es sollen auch Einnahmen vergrößert werden, etwa durch Abgaben für Banken und Energiekonzerne. Die Zeitung „Der Standard“ meldete, aus einer Stabilitätsabgabe für Kreditinstitute sollten 2025 und 2026 350 Millionen Euro zusätzlich generiert werden.
Zweidrittelmehrheit mit Neos und Grünen
Aus einer „Übergewinnsteuer“ für Energieunternehmen, die eigentlich ausgelaufen ist, sollen auch in den kommenden Jahren 200 Millionen Euro erzielt werden. Neuregelungen bei Grundstücksverkäufen sowie für Privatstiftungen sollen weitere Einnahmen erbringen. Dies dürfte Forderungen der SPÖ entgegenkommen. Andere Maßnahmen, die bereits in den (gescheiterten) Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP geplant worden waren, sollen übernommen werden. Sie betreffen Einsparungen in den Ministerien, Kürzungen bei Förderungen oder die Anhebung der Digitalsteuer. Ein sogenannter Klimabonus, unter der bisherigen Regierung von ÖVP und Grünen eingeführt, soll fallen.
ÖVP und SPÖ hatten nach der Wahl im September 2024 schon einmal miteinander verhandelt, damals noch zusammen mit den liberalen Neos. Die Neos sollten der Regierung eine stabile Mehrheit verschaffen, denn ÖVP und SPÖ haben zusammen nur 93 der 184 Mandate im Nationalrat. Die Neos stiegen Anfang Januar aus, weil sie nicht genug Reformbereitschaft bei den Parteien der einstigen „großen Koalition“ wahrnahmen.
Nun ist offenbar nicht mehr an eine Dreierkoalition gedacht, sondern an eine Zusicherung von Neos und Grünen, keine Zufallsmehrheiten im Parlament zum Sturz der Regierung zu nutzen. In konsensfähigen Einzelfragen könnte man auch zusammenarbeiten, so deuteten es sowohl Neos- als auch Grünen-Vertreter an. Wenn ÖVP und SPÖ sich zu grundlegenden Reformen durchringen könnten, dann könnten sie demnach das Einvernehmen suchen. Die vier Parteien hätten zusammen eine Zweidrittelmehrheit.
Wenig zu hören ist aus der FPÖ, deren Verhandlungen mit der ÖVP vergangene Woche gescheitert sind. Im Umfeld der rechten Partei ist Kritik an FPÖ-Chef Herbert Kickl vernehmlich geworden, wonach dieser durch Unnachgiebigkeit die einmalige Chance auf einen „blauen“ Kanzler vertan habe.