Mini-Raumstation für Umkreisung des Mondes vorgestellt

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Stand: 21.02.2025 16:54 Uhr

Die Raumstation ISS bekommt einen Nachbarn: Das Lunar Gateway soll als Mini-Raumstation nicht die Erde – sondern den Mond umkreisen. Die ESA präsentierte nun die ersten fertigen Module für dieses Projekt.

Die europäische Weltraumbehörde ESA und die amerikanische NASA haben vor Pressevertretern die ersten Module des Lunar Gateway vorgestellt. Diese neue Raumstation soll in den kommenden Jahren in der Mondumlaufbahn zusammengebaut werden und dann um den Erdtrabanten kreisen. Es handelt sich also um eine Art ISS, die aber nicht um die Erde kreist, sondern um den Mond. Zur Präsentation der ersten Bauteile kamen Vertreter von ESA und NASA nach Turin.

Italienische Raumfahrtexpertise in Turin

Eingeladen nach Turin hatte Thales Alenia Space. Eines von weltweit drei Unternehmen, das große, unter Druckluft stehende Bauteile für Raumstationen bauen kann. Die Konkurrenten sitzen in Japan und in den USA. Die Produktion von druckbeaufschlagten Modulen in Turin hat eine mehr als 40-jährige Tradition. Auch amerikanische Raumfahrtunternehmen, die Aufträge der NASA erhalten, nehmen für den Rohbau der Module gerne den Standort in Norditalien unter Vertrag. 

Der aktuelle Anlass für den Pressetermin in Turin war die Beendigung der Arbeiten am Modul HALO (Habitation and Logistics Outpost). Dieses Modul wird nun mit dem größten Transportflugzeug der Welt, einer Antonov AN-225, in die USA geflogen, um dort mit technischem Equipment ausgestattet zu werden.

2027 soll HALO zusammen mit einem Antriebsmodul als erstes Bauteil des Lunar Gateway zum Mond starten. Eine erste Besatzung soll die Station im Jahr 2028 betreten und dieses erste Gateway-Team wird dann auch Modul Nummer Zwei mit im Gepäck haben und an HALO andocken: Das Lunar I-Hab.

Die ersten Module des Lunar Gateway – diese neue Raumstation soll in den kommenden Jahren in der Mondumlaufbahn zusammengebaut werden und dann um den Erdtrabanten kreisen.

Das I-Hab – Europas Beitrag zur Mondstation

Das I-Hab ist einer der Beiträge Europas zum Gateway. Japan unterstützt seinen Bau mit der Lieferung von Batterien und der Technik des Lebenserhaltungssystems. Das I-Hab erweitert den Platz, der den Mondfahrern zur Verfügung steht, erheblich. Sein Innenraum ist mit zehn Kubikmetern so groß wie der eines familientauglichen Wohnmobils.

In seinem Inneren ist all die Technik untergebracht, die es braucht, damit vier Personen bis zu 90 Tage in der Mondumlaufbahn überleben können. Das I-Hab ist gleichzeitig Wohnzimmer, Schlafraum und Küche des Lunar Gateway. Weitere Module für die Raumstation werden in den Jahren nach 2028 aus den USA, Japan, Kanada und den Vereinigten Arabischen Emiraten geliefert.  

Gateway als Sprungbrett zum Mond

Der deutsche Astronaut Matthias Maurer, der bei der Veranstaltung das europäische Astronautencorps vertrat, bezeichnete das Gateway als ein Sprungbrett für Aufenthalte auf der Mondoberfläche. Und Sprungbrett ist das I-Hab auch in einem erweiterten Sinn, denn es ist Bestandteil eines Tauschgeschäfts.

Im Gegenzug für die Lieferung der europäischen Module wird die NASA an Bord ihrer Mondfähren gegen Ende dieses Jahrzehnts dann auch einen europäischen Astronauten oder eine Astronautin vom Lunar Gateway mit hinunter auf die Mondoberfläche nehmen. Auch Matthias Maurer gehört zu den Kandidaten für diesen ersten Ausflug eines Europäers auf den Mond.

Umlaufbahn des Gateways bietet praktische Vorteile

Die Umlaufbahn, auf der das Gateway den Mond umkreist, ist stark elliptisch. Sie führt die Station auf 7.000 Kilometer Nähe an den Mond heran und anschließend auf 70.000 Kilometer Entfernung von ihm weg. Eine Umrundung dauert 6,5 Tage. Am mondfernen Punkt können Raumschiffe von der Erde gut andocken, ohne treibstoffzehrende Manöver zum Erreichen einer mondnahen Bahn fliegen zu müssen.

Am mondnächsten Punkt der Umlaufbahn können Mondfähren vom Gateway abdocken und auf kurzem Weg die Mondoberfläche erreichen. Ein Trost für alle Astronauten, die nicht in den Genuss des Abstiegs auf dem Mond kommen: Auch das Steuern von Robotern oder Rovern ist vom Gateway aus möglich. 

Unsichere Zukunft für das Gateway-Projekt durch Musk und Trump

Jede der kommenden Artemis-Mondmissionen wird neue Technik zum Ausbau der Raumstation mitbringen. Außer Artemis 3. Diese Mission soll 2027 ohne Zwischenstopp auf dem Gateway die ersten Menschen seit den Apollo-Missionen auf den Mond bringen.

Das Lunar Gateway wird nur gebraucht, wenn es nach Artemis 3 weitere regelmäßige Flüge zum Mond geben wird. Sollte die US-Regierung unter den Einfluss von Raumfahrtunternehmer Elon Musk die NASA jedoch anweisen, nur ein einziges Mal zum Mond zu fliegen, um sich im Anschluss daran sofort auf einen Flug zum Mars zu konzentrieren, wäre das Gateway weniger bedeutend bis überflüssig – und das Tauschgeschäft Technik gegen Mitnahme von Astronauten auf die Mondoberfläche wäre hinfällig.

Gestrandeter Mars-Rover als mahnendes Beispiel

In den offiziellen Statements in Turin spielte die politische Lage in den USA keine Rolle. Doch ein mahnendes Beispiel für eine hoffnungsvoll begonnene und dann unerwartet doch gescheiterte Zusammenarbeit in der Raumfahrt steht ebenfalls in Turin.

Der europäische Marsrover “Rosalind Franklin” ist dort eingemottet, seit er 2022 wegen der Russlandsanktionen nicht an der Spitze einer russischen Rakete zum Mars starten konnte. Wahrscheinlich wird er erst 2028 zum Roten Planeten fliegen – im selben Jahr, in dem mit der Mission Artemis 4 auch der Start des I-Hab zum Mond geplant ist.