Frankreichs staatlicher Energiekonzern Électricité de France (EDF) hat im abgelaufenen Geschäftsjahr so viel Geld verdient wie nie zuvor. Am Freitag vermeldete er ein operatives Rekordergebnis vor Zinsen und Steuern in Höhe von 18,3 Milliarden Euro. Nach Abzug aller Kosten verbleibt immer noch ein Gewinn von 11,4 Milliarden Euro. Das sind knapp 14 Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2023.
Das Ergebnis ist in erster Linie auf eine deutlich gewachsene Atomstromerzeugung zurückzuführen. Frankreichs Reaktoren, die EDF allesamt betreibt, produzierten voriges Jahr rund 362 Terawattstunden (TWh) Elektrizität. 2023 waren es 320 TWh und 2022 sogar nur 279 TWh, nachdem Korrosionsschäden EDF zu ungeplanten Wartungen zwangen und dem Konzern in Verbindung mit staatlichen Preisvorgaben einen Rekordverlust von 17,9 Milliarden Euro einbrockten.
Wie andere europäische Wettbewerber sah sich EDF zwar mit gesunkenen Strompreisen konfrontiert, die zu einem signifikanten Umsatzrückgang führten. Das ist wie in Deutschland nicht zuletzt der schwachen Industrieproduktion geschuldet. Zugleich entwickelt sich aber der auf den Rekordwert von netto 89 TWh gekletterte Stromexport zu einem immer lukrativeren Geschäft für die Franzosen, auch wenn EDF dazu auch auf Nachfrage keine präzisen Angaben machen möchte.
Wettbewerbsfähiger Erzeugungspark
Eine Konzernsprecherin verweist auf die jüngste Jahresbilanz des Netzbetreibers RTE, wonach der Gesamtwert der französischen Stromausfuhr voriges Jahr den Rekordwert von fünf Milliarden Euro erreicht hat. Das liegt deutlich über den ein bis drei Milliarden Euro, die seit dem Jahr 2000 durchschnittlich erreicht wurden. Laut RTE hat Frankreich 2024 in allen Situationen Strom exportiert, unabhängig davon, ob die Marktpreise hoch oder niedrig waren. Zugleich wurde punktuell insbesondere aus Gebieten importiert, die von negativen Preisen betroffen waren.
Das Ausmaß der von Frankreich exportierten Strommengen spiegele die Wettbewerbsfähigkeit seines Erzeugungsparks wider, bilanziert der Netzbetreiber. 18 Prozent des Nettostromexports entfielen dabei auf Deutschland, ergänzt EDF. Vor allem in Dunkelflauten, also Phasen ohne Strom aus Wind- und Solaranlagen, bezieht Deutschland zunehmend Strom aus Frankreich, zeigt die Entwicklung seit dem endgültigen Atomausstieg im April 2023.
Die Bundesnetzagentur beschwichtigt. Sie betont, Deutschland habe ausreichend Erzeugungskapazitäten und beziehe Elektrizität im europäischen Verbund nun mal dorther, wo sie am günstigsten ist. Das ist in Dunkelflauten kohlenstoffarmer französischer Atomstrom, weil die alten Reaktoren im Gegensatz zu Gas- und Kohlekraftwerken geringere Brennstoffkosten haben und keine CO2-Zertifikate erwerben müssen.
So rosig die Jahresbilanz und das Exportgeschäft auch sein mögen, im Inland sieht sich EDF mit großen Herausforderungen konfrontiert. So machte der Konzern am Freitag deutlich, wegen der weiter sinkenden Strompreise in diesem Jahr ein geringeres operatives Ergebnis zu erwarten. Hintergrund ist die Senkung der staatlich reglementierten Tarife für Privathaushalte um 14 Prozent zum 1. Februar; im Basistarif kostet der Arbeitspreis seither 20,16 Cent je Kilowattstunde.
Zugleich kommen die Verhandlungen über Langfristverträge mit der Industrie nicht voran. Nur noch bis Ende dieses Jahres kann sie von EDF jährlich 100 TWh zum Sonderpreis von 4,2 Cent je Kilowattstunde beziehen. Zudem gibt es weiter große Unklarheit über den geplanten Bau von mindestens sechs neuen Kernreaktoren, insbesondere über die Finanzierung. Der französische Rechnungshof warnte jüngst eindringlich vor einer „Anhäufung von Risiken“. Nach einem Bericht der Zeitung „Les Echos“ kann EDF der Politik erst Ende dieses Jahres konkrete Angaben zu Kosten und Zeitplan machen.