Wer sitzt in der neuen Fraktion?

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Die bekanntesten AfD-Politiker bleiben im Bundestag: Alice Weidel, Tino Chrupalla und Alexander Gauland ziehen wieder ins Parlament ein. Doch sie bekommen als größte Oppositionspartei mit insgesamt 152 Sitzen Gesellschaft von einigen Neuen: 92 Abgeordnete der AfD ziehen neu ein in den nächsten Bundestag. Nicht alle davon sind ganz unbekannt. Und auch unter den Abgeordneten, die zum wiederholten Mal in das Parlament einziehen, sind einige, die schon in der Öffentlichkeit standen.

Über einige Personalien wurde jüngst auch innerhalb der AfD diskutiert: Am Dienstag entschied die Fraktion, dass die umstrittenen Abgeordneten Maximilian Krah und Matthias Helferich in die Fraktionsgemeinschaft aufgenommen werden.

Maximilian Krah

Maximilian Krah im Februar in Berlin
Maximilian Krah im Februar in BerlinAFP

Den Tiktokstar der AfD, der mit 44,2 Prozent der Stimmen in Chemnitz direkt gewählt wurde, umwittern mehrere Skandale. Krah beschäftigte einen Mann in seinem Abgeordnetenbüro im Europaparlament, der ein chinesischer Spion sein soll und in Untersuchungshaft sitzt. Krah soll dort zudem einem russischen Spion Zugang verschafft haben. Und er steht im Verdacht, Geld aus prorussischen Netzwerken angenommen zu haben: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ermittelt seit vergangenem Sommer zu möglichen Geldzahlungen aus dem Ausland gegen Krah.

Mit seiner Aussage in der italienischen Presse, dass in der Waffen-SS auch „viele Bauern“ gewesen seien und man nicht alle SS-Angehörigen pauschal verurteilen könne, provozierte Krah Marine Le Pen, die Chefin des französischen Rassemblement National, so sehr, dass die AfD aus der gemeinsamen Fraktion im Europaparlament flog. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft mehrere Äußerungen Krahs als völkisch-nationalistisch, islamfeindlich, fremdenfeindlich und verfassungsfeindlich ein. Krah zieht neu in den Bundestag ein.

Matthias Helferich

Matthias Helferich in Marl im Februar 2024
Matthias Helferich in Marl im Februar 2024dpa

Der Rechtsanwalt saß schon im bisherigen Bundestag. Er unterhält Medienrecherchen zufolge Verbindungen in die Dortmunder Neonazi-Szene und zu früheren NPD-Politikern. Veröffentlichte Textnachrichten von ihm bezogen sich positiv auf die nationalsozialistische Organisation „Lebensborn“, die die Geburtenzahl arisch reinrassiger Kinder steigern wollte. Sich selbst bezeichnete der in Nordrhein-Westfalen über die Landesliste gewählte Helferich als „freundliches Gesicht des NS“.

Das schlug 2021 sogar innerhalb der AfD Wellen und führte dazu, dass Helferich mit einer Ämtersperre belegt und aus der AfD-Fraktion im Bundestag ausgeschlossen wurde. Einen Parteiausschluss wollte die Bundesspitze jedoch nicht – und auch in Nordrhein-Westfalen wurde Helferich vor der Wahl 2025 wieder auf einem vorderen Listenplatz aufgestellt. Ob Helferich der neuen Fraktion angehören wird, stand eine Weile auf der Kippe. Die Fraktion werde das klären, sagte die Parteichefin Alice Weidel nach der Wahl am Sonntag. Sie hatte vor vier Jahren jedenfalls dagegen gestimmt, Helferich aus der Partei auszuschließen. Das Votum der Fraktion am Dienstag passt dazu. 

Dario Seifert

Dario Seifert im November 2014 in Neubrandenburg
Dario Seifert im November 2014 in Neubrandenburgdpa

Mit 37,3 Prozent der Stimmen hat Seifert den früheren Merkel-Wahlkreis Stralsund gewonnen. Der 31 Jahre alte AfD-Politiker zieht damit zum ersten Mal in den Bundestag ein. Politisch aktiv war er jedoch schon länger. Er ist nach Medienberichten in der rechtsextremen Szene Mecklenburg-Vorpommerns verwurzelt. Er nahm demnach etwa 2014 an einem Trauermarsch der NPD teil. Seifert bestätigte gegenüber dem „Nordkurier“, zwischen 2012 und 2014 Mitglied der Jugendorganisation der NPD gewesen zu sein.

Inzwischen ist er in der Jungen Alternative (JA), der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften bisherigen Jugendorganisation der AfD, vernetzt. Als Kommunalpolitiker äußerte sich Seifert schon häufiger geschichtsrevisionistisch: So erinnerte er am Volkstrauertag 2024 ausschließlich „in tiefer Ehrfurcht an die tapferen Helden unseres Volkes“ und nicht an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Auf Facebook schrieb er, Patrioten wie er wollten sich frei machen „vom antideutschen Tätermythos des linken Mainstream“. Zudem kursieren Fotos, auf denen er mit Waffen posiert.

Peter Boehringer

Peter Boehringer im Bundestag im Februar 2021
Peter Boehringer im Bundestag im Februar 2021dpa

Schon seit 2017 sitzt der AfD-Politiker im Bundestag; über die bayerische Landesliste zieht er nun wieder ins Parlament ein. Boehringer sitzt im Bundesvorstand seiner Partei, ist aber darüber hinaus breit vernetzt: Er trat öfter in Gesprächsformaten von Portalen wie RT Deutsch auf, schrieb für das rechtsextreme „Compact“-Magazin und andere Publikationen der neuen Rechten.

Aus früheren Veröffentlichungen, etwa beim Portal „Eigentümlich frei“, geht hervor, dass Boehringer an den Verschwörungsmythos der „New World Order“ glaubt. Er verbreitete dort Verschwörungserzählungen wie die, dass „die heutigen supranationalen Eliten auf einen voll kontrollierten Weltstaat mit ihnen als oberster Kaste hinarbeiten“. Nach Recherchen des NDR und WDR verschickte Boehringer 2018 und in den Jahren zuvor Mails, in denen er vom „kriminellen = koranhörigen = frauenverachtenden Macho-Mob der Surensöhne“ sprach. Außerdem beleidigte er in den Mails mehrere Politiker und machte das Bundesverfassungsgericht verächtlich mit einer Fotomontage von der „Hure Justizia (BVerfG)“.

Karsten Hilse

Karsten Hilse im Dezember 2024 im Bundestag
Karsten Hilse im Dezember 2024 im Bundestagdpa

Eigentlich gehörte der mit 46 Prozent in Bautzen direkt gewählte Hilse einst zum gemäßigten Teil der AfD. Auch er sitzt seit 2017 im Bundestag. In den Corona-Jahren radikalisierte er sich jedoch zunehmend: Er trat mehrfach bei Veranstaltungen der Querdenken-Bewegung auf, die regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten auftaucht. Einmal kam Hilse auch mit einem Querdenken-T-Shirt in den Bundestag und hielt darin eine Rede; eine Rüge war die Folge. Im Zuge der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen wurde Hilse im November 2020 einmal festgenommen und musste schließlich eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zahlen.

Hilse nahm an Veranstaltungen des Europäischen Instituts für Klima und Energie (EIKE) teil, eines Vereins, der den wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel leugnet. Für Europa hat er jedoch sonst nicht viel übrig. Auf einem Parteitag der AfD warb Hilse 2021 für einen Austritt Deutschlands aus der EU: „Weil die EU sterben muss, wenn Deutschland leben will.“

Lars Schieske

Lars Schieske im November in Prenzlau
Lars Schieske im November in Prenzlaudpa

Mit 42 Prozent hat Schieske den Wahlkreis Cottbus direkt gewonnen und sich damit gegen die bisherige Abgeordnete von der SPD durchgesetzt. Der Feuerwehrmann kommt neu ins Parlament. Doch auch er hat eine politische Vorgeschichte. Schieske wollte 2022 Oberbürgermeister in Cottbus werden. Dafür warb er unter anderem mit einer Postwurfsendung. Darin hieß es: „Ausländer werden immer mehr. Werden immer frecher. Viele Ausländer haben keinen Respekt vor uns“ – eine Anzeige wegen Volksverhetzung folgte, das Amt erlangte Schieske am Ende nicht.

Einem Bericht des „Tagesspiegels“ zufolge hat Schieske enge Kontakte zum rechtsextremistischen Verein „Zukunft Heimat“. Dieser Verein wird vom Verfassungsschutz beobachtet, hat enge Verbindungen zur Identitären Bewegung (IB) und anderen rechtsextremen Organisationen. Im April vergangenen Jahres bestätigte das brandenburgische Innenministerium, dass der Verfassungsschutz Brandenburg auch Schieske selbst als rechtsextrem einstufe.

Robert Teske

Björn Höcke und Robert Teske auf dem Parteitag der AfD in Riesa im Januar 2025
Björn Höcke und Robert Teske auf dem Parteitag der AfD in Riesa im Januar 2025dpa

Neu in den Bundestag kommt auch Robert Teske. Er erreichte 42,1 Prozent im Wahlkreis Suhl – Schmalkalden-Meiningen – Hildburghausen – Sonneberg. Bisher war er der Büroleiter des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke, der für den äußersten rechten Rand innerhalb der AfD steht und die völkisch-nationale Ausrichtung der Partei unter anderem durch die Gruppe „Flügel“ vorantrieb.

Teske engagierte sich schon vor seiner Zeit bei Höcke im rechtsextremen Vorfeld der AfD. Als Vorsitzender der Bremer JA demonstrierte er unter anderem mit der IB, Pegida-Chef Lutz Bachmann, dem früheren Vorsitzenden der NPD-Jugendorganisation JN Mecklenburg-Vorpommern und Mario Müller, einem wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilten Identitären, der inzwischen für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt arbeitet.

Teske stellte sich schützend vor die IB, mit der innerhalb der AfD offiziell ein Unvereinbarkeitsbeschluss vorliegt: „Die Identitären machen gute Aktionen und werden zu Unrecht vom Verfassungsschutz beobachtet“, sagte er in einem Interview mit dem Verein „Ein Prozent“. Dieser wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingeschätzt.