Keir Starmer besucht Donald Trump

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Der britische Premierminister Keir Starmer hatte sich gut vorbereitet, als er in Washington eintraf. Gleich zu Beginn seines Treffens mit dem amerikanischen Präsidenten legte er eine Showeinlage hin, wie sie Donald Trump gefallen konnte. Starmer griff im Oval Office in die Innentasche seines Sakkos und überreichte dem Präsidenten einen Brief, den der gleich öffnen sollte.

Es war eine Einladung des britischen Königs Charles III. zu einem zweiten Staatsbesuch – für den bekennenden Großbritannien-Liebhaber Trump eine diplomatische und persönliche Geste. Dazu sprach Starmer nur in Superlativen: Die zweite Einladung nach Schloss Windsor sei „beispiellos“, „wirklich historisch“, etwas „ganz Besonderes“.

Die zentrale Frage des Besuchs nach amerikanischen Sicherheitsgarantien für die Ukraine sollte sich jedoch auch am Donnerstag nicht klären. Als Starmer und Trump nach einem bilateralen Gespräch und einem Mittagessen gemeinsam vor die Presse traten, ließ der amerikanische Präsident durchscheinen, man sei nicht immer einer Meinung gewesen. Starmer sei ein „sehr harter“ Verhandler, sagte er und scherzte dann: „Ich weiß nicht, ob mir das gefällt, aber okay.“

„Zuerst einen Frieden aushandeln“

In Bezug auf die Sicherheitsgarantien zog Trump sich im Beisein des europäischen Partners immer wieder darauf zurück, zuerst gelte es einen Frieden auszuhandeln. Er spreche nicht gern über „Phase zwei“, wenn „Phase eins“ noch nicht erreicht sei. Auf die Frage, ob er sich etwa eine nachrichtendienstliche Zusammenarbeit vorstellen könne, gab Trump zurück, man sei „für vieles offen“. Doch darüber nachzudenken hieße, dass es schon einen Frieden gebe. Ein Abkommen müsse „ziemlich bald“ geschlossen werden, sonst komme es „gar nicht“ zustande.

Starmer sprach von einem „sehr guten und produktiven Besuch“ und hob doch höflich und unmissverständlich hervor, was Trump nicht sagen wollte. Der amerikanische Präsident habe die Chance auf ein historisches Friedensabkommen geschaffen. „Doch wir müssen es richtig machen“, sagte der britische Premierminister. Es dürfe kein Frieden sein, der den Aggressor belohnt. „Die Geschichte muss auf der Seite des Friedensstifters stehen, nicht auf der des Angreifers.“ Dann bezog er sich auf die Sicherheitsgarantien: Das Abkommen müsse sicherstellen, dass Putin „nicht für mehr“ wiederkomme. Die britische Beziehung zu Amerika sei in diesem Moment so wichtig wie nie zuvor.

Anders als der französische Präsident Emmanuel Macron am Montag konnte Starmer nicht als Stimme der Europäischen Union auftreten, wohl aber als entschlossener Partner der Ukraine. Er hob hervor, man sei bereit, britische Soldaten und Kampfflugzeuge in die Ukraine zu schicken – „mit unseren Verbündeten“. Dies sei der einzige Weg zu einem anhaltenden Frieden.

Trump lobt Starmer für Verteidigungsausgaben

Danach gefragt, ob man britischen Soldaten zu Hilfe käme, würden sie in der Ukraine angegriffen, hatte Trump zuvor gescherzt: „Könntet ihr es allein mit Russland aufnehmen?“ Der britische Premierminister lachte gequält: „Nun ja…“. Gerade hatte er hervorgehoben, Großbritannien und die Vereinigten Staaten hätten sich „immer gegenseitig unterstützt, wenn es nötig war“.

Trump beließ es bei dem Kommentar, er glaube nicht, dass die Briten „viel Hilfe brauchten“. Sie könnten gut auf sich selbst aufpassen. Starmers kurzfristige Ankündigung vor der Reise, künftig 2,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Militärausgaben aufzuwenden, fand bei Trump Gehör. Das sei eine „tolle Sache“, sagte er am Donnerstag. Und überhaupt sei die „einzigartige Freundschaft“ mit dem Vereinigten Königreich nur immer stärker geworden.

Wie zum Beweis stellte Trump in Washington ein Handelsabkommen in Aussicht, mit dem Großbritannien die von Trump angekündigten 25-Prozent-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte abwenden könnte. Die Chancen seien „sehr gut“, sagte der amerikanische Präsident, und schob dann im Scherz nach, Starmer habe beim gemeinsamen Mittagessen „sehr hart gearbeitet“.

Der britische Premierminister hielt sich im Umgang mit Trump an die Taktik Macrons: Lachen, gegenseitiges Schulterklopfen und hin und wieder eine vorsichtige Zurechtweisung. Ebenso wie der französische Präsident stellte er nach einer Falschbehauptung Trumps klar, die Europäer kriegten von der Ukraine nicht „alles Geld zurück“ – das meiste seien keine Kredite gewesen. Die abermals geäußerte falsche Zahl von 350 Milliarden Dollar amerikanischer Hilfe für die Ukraine korrigierte Starmer im Gegensatz zu Macron nicht.

Mit Selenskyj wird es nicht so leicht

Mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dürfte sich eine solche Leichtigkeit im Gespräch an diesem Freitag nicht einstellen. Trump wollte sich im Beisein Starmers nicht erinnern, dass er Selenskyj vergangene Woche einen „Diktator“ genannt hatte. „Habe ich das gesagt? Ich kann nicht glauben, dass ich das gesagt habe“, gab er zurück und rief dann den nächsten Journalisten auf. Auch die Frage zu einer Entschuldigung an Selenskyj überging er. Er habe zum ukrainischen Präsidenten, ebenso wie zu Wladimir Putin, eine „sehr gute Beziehung“.

Das geplante Rohstoffabkommen, das Trump und Selenskyj am Freitag in Washington unterzeichnen wollten, könnte der einzige „backstop“ sein, zu dem die Vereinigten Staaten bereit sind. Es werde künftig eine „nachhaltigere Beziehung“ zur Ukraine sicherstellen und „uns wirklich in dieses Land bringen“, sagte Trump am Donnerstag im Oval Office. Man werde „an Ort und Stelle“ sein und „graben, graben, graben“. Das allein sei eine Sicherheitsgarantie für Kiew, hob Trump hervor.

Es sei jedoch an den Europäern, den Frieden zu sichern. Zwar unterstütze er Artikel fünf der NATO – den Bündnisfall bei einem bewaffneten Angriff auf einen Mitgliedsstaat. Doch den werde es seiner Ansicht nach nicht brauchen. Er sei zuversichtlich, „dass das Abkommen hält, wenn wir eines schließen“.