Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer und die Gruppe „Ökonomen für die Ukraine“ fordern die deutsche Politik nach dem Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und dessen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj zum schnellen Handeln auf. Für lange Verhandlungen sei keine Zeit mehr, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Der aller Voraussicht nach künftige Kanzler muss sehr schnell ein starkes Signal senden, die Verteidigungsbereitschaft deutlich zu steigern“, betonte sie mit Blick auf den Wahlsieger Friedrich Merz (CDU).
Dieses Signal werde auf die Schnelle nur möglich sein, wenn noch im aktuellen Bundestag das Sondervermögen Bundeswehr deutlich aufgestockt oder ein neues Sondervermögen Verteidigung eingerichtet werde. „Auf dieses Signal sollten sich Union, SPD, Grüne und möglicherweise auch FDP verständigen und vor die Verhandlungen der Union und SPD über die künftige Ausgestaltung des Haushalts und einer möglichen Reform der Schuldenbremse ziehen“, sagte Schnitzer. „Ein Zögern wäre fatal.“
Die Münchner Professorin gehört zu den Unterzeichnerinnen eines offenen Briefes der Gruppe „Economists for Ukraine“, das sich ebenfalls an den künftigen Kanzler wendet. „Sie befinden sich in einem perfekten Sturm, und Deutschland muss sich der Situation stellen“, heißt es darin. Russland führe einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und bedrohe die Sicherheit Europas. Der wichtigste Verbündete jenseits des Atlantiks habe der EU gerade eine „kalte Dusche“ verpasst. „Die gute Nachricht ist, dass Sie – und andere EU-Staats- und Regierungschefs – mit entschlossener Führung die Dinge immer noch zum Guten wenden können“, so die Ökonomen.
„Moskau ist viel schwächer, als viele Beobachter glauben“
Europa verfüge über die notwendigen Ressourcen, um die russische Aggression zu besiegen. „Moskau ist viel schwächer, als viele Beobachter glauben“, wird in dem Brief betont. Russlands Wirtschaft mache nur ein Zehntel des Bruttoinlandsproduktes der EU aus, sei durch Korruption im Inland und ausländische Sanktionen geschwächt sowie durch Militärausgaben überhitzt. Die ukrainischen Raketen- und Drohnenangriffe schwächten zudem die russischen Produktionskapazitäten erheblich. „Und dies könnte durch die Taurus-Raketen noch beschleunigt werden“, so de Ökonomen. Der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Taurus-Lieferungen bislang abgelehnt.
Der Aufbau einer stärkeren Streitmacht könne dabei helfen, dass Deutschland seine wirtschaftliche Stärke zurückgewinne. „Die deutsche Industrieproduktion zum Beispiel ist in einer schwierigen Lage, aber man kann sie mit neuen Rüstungsaufträgen ankurbeln“, so die Ökonomen. „Dadurch werden Arbeitsplätze geschaffen, strategische Abhängigkeiten verringert, Verbindungen zu anderen europäischen Nationen hergestellt und Innovationen finanziert.“ Dazu müssten die öffentlichen Ausgaben erhöht werden. Die Steuerzahler könnten aber geschont werden, indem 300 Milliarden Dollar an eingefrorenen russischen Geldern beschlagnahmt würden.
Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören neben Schnitzer beispielsweise auch der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, Georg Weizsäcker von der Humboldt-Universität Berlin, Rüdiger Bachmann von der University of Notre Dame, Christian Bayer von der Universität Bonn sowie zahlreiche andere Wissenschaftlicher von Top-Unis wie Harvard, Stanford und Oxford.