Was Donald Trump sagt, das stimmt

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Wie unverbrüchlich die meisten Republikaner im Kongress hinter Donald Trump stehen, ließ sich nach der Eskalation im Oval Office trefflich beobachten. Die Begegnung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj war kaum vorbei, da dankte Senator Mike Lee Trump schon dafür, dass er sich für Amerika stark gemacht habe. Für Trump stehe das Land „an erster Stelle“. Senator Jim Banks übernahm die Darstellung des Weißen Hauses, Selenskyj sei nicht dankbar genug, und schrieb auf X, Trump sei nicht vor denjenigen eingeknickt, „die Amerika ausnutzen“.

Am bezeichnendsten waren jedoch die Aussagen zweier Männer, die sich öffentlich lange für die Unterstützung der Ukraine eingesetzt hatten: des amerikanischen Außenministers Marco Rubio und des Senators Lindsey Graham aus South Carolina. Der einstige außenpolitische Falke Rubio pries Trumps Verhalten am späten Freitagabend in einem Interview mit dem Sender CNN. Selenskyj müsse sich dafür entschuldigen, dass dieses Treffen zu einem „Fiasko“ geworden sei, sagte er. „Es gab keinen Grund, so feindselig zu werden.“

Rubio stimmte als Senator im Kongress im Mai 2022 für ein Milliarden-Hilfspaket für die Ukraine, im Frühjahr vergangenen Jahres dann nicht mehr. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin nannte er in einem Interview vor zwei Jahren noch einen „Verbrecher“, der nicht „ohne schwerwiegende Konsequenzen“ in fremde Länder einmarschieren dürfe.

Rubio: „Selenskyj will vielleicht gar kein Friedensabkommen“

Am Freitag dann verteidigte Rubio Trumps Handeln auf ganzer Linie. Er hob hervor, der amerikanische Präsident setze im Falle Putins auf „Vertrauen, aber mit Überprüfung“. Doch die Schuld sah er klar bei Selenskyj. Wer bei dem Thema aggressiv werde, werde beim „Dealmaker“ Trump nichts erreichen, sagte Rubio. „Und so gewinnt man den Eindruck, dass Selenskyj vielleicht gar kein Friedensabkommen will“, auch wenn der das behaupte. Im Gegensatz zu Vizepräsident J.D. Vance, der die Eskalation im Oval Office befeuert hatte, saß Rubio während dieser Szene jedoch sichtbar regungslos auf dem Sofa neben ihm. Trump vertraut auf Rubios Loyalität, doch derlei diplomatische Spielchen gehörten bislang nicht zu dessen Vorgehensweise.

Der republikanische Senator Lindsey Graham  spricht zu Reportern vor dem Westflügel des Weißen Hauses in Washington am Freitag.
Der republikanische Senator Lindsey Graham spricht zu Reportern vor dem Westflügel des Weißen Hauses in Washington am Freitag.AP

Noch weiter in der Kritik an Selenskyj ging Lindsey Graham, der einer der Urheber des Rohstoffabkommens und einer der heftigsten Verteidiger der Ukraine in seiner Partei war. Graham hatte noch am Freitagmorgen an einem Treffen von Kongressabgeordneten mit dem ukrainischen Präsidenten teilgenommen. Wenige Stunden später äußerte er, er sei „nie stolzer“ auf Trump gewesen. Er wolle den Krieg beenden, doch Selenskyj habe den Präsidenten im Oval Office vorführen wollen. Der Ukrainer müsse sich „grundlegend ändern oder gehen“, sagte Graham vor Journalisten im West Wing – eine Bemerkung, die Selenskyj im Interview mit Fox News am Freitagabend entschieden zurückwies. Bei allem Respekt für „Lindsey“, diese Entscheidung liege allein beim ukrainischen Volk.

Kaum Kritik an Trump aus den eigenen Reihen

Republikanische Stimmen, die sich kritisch über den Eklat im Weißen Haus äußerten, lassen sich an einer Hand abzählen. Trump hat den Kongressmitgliedern schon in der Diskussion um die Bestätigung seines Kabinetts gezeigt, was Widerstand bedeutet. Druckkampagnen in den jeweiligen Wahlkreisen wurden zum politischen Werkzeug. Wer nicht spurt, der muss das Ende seiner politischen Karriere fürchten.

So wagte sich der New Yorker Abgeordnete Mike Lawler schon verhältnismäßig weit vor, als er am Freitag auf X schrieb, das desaströse Treffen kenne nur einen Sieger: Wladimir Putin. Dass das Rohstoffabkommen nicht zustandegekommen sei, sei eine „vergebene Chance“ für die Ukraine wie für die Vereinigten Staaten. Er glaube daran, „dass Russland, China und Iran nicht unsere Freunde sind“.

Trump wiederum hat für die Republikaner am Freitag unmissverständlich den Kurs einer Normalisierung der Beziehungen zu Russland ausgegeben. Bei seiner Abreise aus Washington am Abend stellte er Putin gar als den Friedliebenden in der Dreiecksbeziehung mit der Ukraine dar: Wolodymyr Selenskyj habe nicht so „negativ“ über den russischen Präsidenten sprechen müssen – er selbst wolle schließlich keinen Frieden. Putin hingegen wolle ein Ende des Krieges, sagte Trump, bevor er am Weißen Haus in den Hubschrauber stieg. Die Republikaner lassen ihm diese Sichtweise beinahe ohne Widerspruch durchgehen.

Blankes Entsetzen bei den Demokraten

Innerhalb der Demokraten herrschte nach dem Treffen mit Selenskyj dagegen blankes Entsetzen. Der Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, beschuldigte Trump und Vance auf X, diese machten die „Drecksarbeit“ für Putin. Hakeem Jeffries, der Minderheitsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, legte nach: Trump und seine Regierung „blamieren die Vereinigten Staaten“ weiterhin in der Welt. Das Treffen mit Selenskyj sei „empörend“ gewesen und werde nur einem zugutekommen, dem „brutalen Diktator“ Putin. Amerika dürfe die russische Aggression nicht mit Beschwichtigungspolitik begegnen. Dutzende weitere Beiträge demokratischer Kongressmitglieder sparten nicht mit Kritik an Trump. Er sei „der beste Verhandlungsführer Russlands“, eine „Peinlichkeit“, „Bauchrednerpuppe für Putin“.

Selbst in Trumps Hofsender Fox News diskutierten zwei Journalisten kurz vor dem Interview des Trump-Freund Bret Baiers mit Selenskyj über den Hergang des eskalierten Treffens. Vances Behauptung, der ukrainische Präsident habe sich nicht häufig genug bedankt, sei ganz offensichtlich falsch gewesen. Außerdem sei Selenskyj schon vor der Präsidentenwahl im vergangenen November zu Trump nach New York gereist und habe ihm seine Bereitschaft für einen Frieden versichert. Damals sagte Trump, beide wollten ein Ende des Krieges „und einen fairen Deal“.