Was Sie zur Bürgerschaftswahl wissen müssen

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Was wird in Hamburg gewählt?

In Hamburg stimmen die Bürger am Sonntag über die Bürgerschaft ab, das ist das Stadtparlament mit Sitz im prunkvollen Rathaus. 1,3 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind wahlberechtigt, 784 Kandidatinnen und Kandidaten treten an. Die Wählerinnen und Wähler haben zehn Stimmen, je fünf für die Wahlkreislisten (Erststimmen) und fünf für die Landeslisten (Zweitstimmen). Die Wahlkreisstimmen können beliebig auf die Kandidaten der Listen aufgeteilt werden. Je nach Größe des Wahlkreises ziehen dann bis zu fünf derjenigen Kandidaten mit den meisten Stimmen direkt in die Bürgerschaft ein. Die Landessstimmen können auf die Landeslisten der Parteien verteilt werden. Sie sind maßgeblich für die Anzahl der Sitze einer Partei in der Bürgerschaft. Seit 2015 regiert in Hamburg die SPD zusammen mit den Grünen, seit 2018 unter Führung des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher.

Warum wählt Hamburg eine Woche nach der Bundestagswahl?

Das Thema ist in der Stadt ein Politikum. Der Termin für die Bürgerschaftswahl stand schon lange fest. Dann zerbrach die Ampelkoalition in Berlin, als Neuwahltermin wurde der 23. Februar festgelegt. Die oppositionelle CDU in Hamburg warb in der Folge dafür, die Bürgerschaftswahl um eine Woche vorzuverlegen, um die Wahlbeteiligung zu stärken und Wahlhelfer zu schonen. Intern dürfte auch der Gedanke eine Rolle gespielt haben, dass bei einer Doppelwahl der Aufschwung für die CDU auf Bundesebene auch in der Hansestadt ankommen könnte.

Grüne und SPD waren dagegen. Sie befürchten wohl, dass das miserable Ansehen der Ampelkoalition auf die rot-grüne Senatsregierung in Hamburg abfärben könnte. Offiziell argumentierte die Senatsregierung mit dem Argument, dass der Wahltermin in Hamburg schon lange feststehe und jener für die Bundestagswahl zunächst nur provisorisch war. Zudem warnten die Fraktionen von SPD und Grünen vor möglichen Rechtsrisiken bei einer Verlegung des Wahltermins.

Ob die Wähler nun tatsächlich bei der Bürgerschaftswahl so anders abstimmen als bei der Bundestagswahl, wird sich zeigen. Hamburgs SPD-Ko-Vorsitzender Nils Weiland hofft darauf. Er sagte kürzlich, man erlebe seit Jahrzehnten, dass sich Menschen bei unterschiedlichen Wahlen „ausgesprochen differenziert“ verhielten. Will sagen: Nur weil die Leute auf Bundesebene die SPD abstrafen, muss das in Hamburg kurz darauf nicht auch der Fall sein.

Wird die Wahlbeteiligung wieder so hoch sein wie bei der Bundestagswahl?

80,8 Prozent der Wahlberechtigten gaben in Hamburg bei der Bundestagwahl ihre Stimme ab. Kaum anzunehmen ist, dass alle von ihnen eine Woche später nochmal ins Wahllokal strömen, um auch bei der Bürgerschaftswahl ihre Kreuze zu machen. Das könnte Folgen für das Wahlergebnis haben. Die CDU hofft darauf, dass vor allem Protestwähler zu den Wahlurnen gehen, die nicht für SPD und Grüne stimmen.

Was sagen die Umfragen?

Bisher trotzte die Hamburger SPD dem Bundestrend und hielt sich in Umfragen erstaunlich stabil knapp oberhalb von 30 Prozent, zuletzt erhielt sie sogar 33 Prozent. Dass die Sozialdemokraten die Wahl doch noch verlieren, glauben nicht einmal CDU-Anhänger. Der Erste Bürgermeister (SPD) ist in der Stadt sehr beliebt. Könnten ihn die Hamburger direkt wählen, stimmten rund die Hälfte der Befragten für ihn. Seine Partei steht in den Umfragen seit über einem Jahr stabil oberhalb von 30 Prozent und kann sich damit bisher erstaunlich erfolgreich vom Niedergang der SPD im Bund abkoppeln – bei der Bundestagswahl erhielten die Sozialdemokraten nur 16 Prozent.

Als Zweitplatzierte sahen die Umfragen lange die Grünen, die mit der SPD in Hamburg zusammenregieren. Sie lagen in den vergangenen Wochen auf Platz zwei mit 18 Prozent, in den beiden jüngsten Umfragen rutschten sie jedoch auf Platz drei mit 16 beziehungsweise 17 Prozent. Das ist immer noch mehr, als die Partei bei der Bundestagswahl erhielt (elf Prozent). Im Januar noch wollte jedoch 22 Prozent der Befragten für die Grünen stimmen. Der plötzliche Erfolg der Linken, die zuletzt in Hamburg bei 13 Prozent in den Umfragen standen und mit Blick auf ihr Abschneiden im Bund sicherlich noch Potential nach oben haben, macht den Grünen und ihrer Spitzenkandidatin zu schaffen. Er könnte auch dazu führen, dass es für eine Fortsetzung von Rot-Grün nicht reicht.

Die oppositionelle CDU in Hamburg macht sich große Hoffnungen, am Ende vor den Grünen zu landen und eventuell mit der SPD zu regieren. Zuletzt lagen die Christdemokraten mit Dennis Thering als Spitzenkandidaten in den Umfragen mit 18 Prozent knapp vor den Grünen. Der Wahlsieg im Bund (28 Prozent) gibt Rückenwind, allerdings kommt davon bisher erstaunlich wenig in Hamburg an.

Hoffnungen auf den Sieg macht sich in der Hamburger CDU wohl keiner. Ein möglicher zweiter Platz gilt als großer Erfolg. Die Partei kommt in Hamburg aus einem tiefen Tal, bei der jüngsten Bürgerschaftswahl im Februar 2020 erhielt die Partei nur elf Prozent, nach dem Aus der CDU-geführten Landesregierung unter Ole von Beust kam sie in der Stadt nicht mehr wirklich auf die Beine.

Die wiederum zog 2020 nur äußerst knapp in die Bürgerschaft ein, sie spielt in der Stadt kaum eine Rolle. Trotzdem sahen die Umfragen sie zuletzt bei rund zehn Prozent. Mit großer Sicherheit werden die Rechtspopulisten also gestärkt ins Parlament einziehen. Die FDP wiederum, die 2020 aus dem Parlament flog, wird den Umfragen nach weiter in die außerparlamentarische Opposition müssen. Sie wird aufgrund des geringen Zuspruchs in der jüngsten Umfrage ebenso wie das BSW nur noch unter „Sonstige“ geführt. 

Was sind die dominierenden Themen im Wahlkampf?

In Umfragen nannten die Hamburgerinnen und Hamburger auf die Frage, was die wichtigsten Probleme sind, meist zuvorderst Verkehr und Mobilität, gefolgt von Wohnen und Mieten, Einwanderung, Wirtschaft und Bildung. Bei Fragen von Bildung, Wirtschaft und Arbeit schreiben die Befragten der SPD die größte Kompetenz zu, bei der inneren Sicherheit und der Verkehrspolitik wiederum der CDU. Zuletzt wurde der Doppelwahlkampf aber vor allem von bundespolitischen Themen dominiert – zum Leidwesen der Kandidatinnen und Kandidaten aus der Hansestadt.

Wie geht es der Stadt?

Insgesamt hat sich Hamburg zuletzt sehr gut entwickelt, was wohl auch die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der rot-grünen Senatsregierung erklärt. Die wirtschaftliche Entwicklung ist gut, auch wenn sich die Lage zuletzt zunehmend eintrübte. Die Stadt erlebt weiterhin einen starken Zuzug, schneidet bei Bildungsvergleichen meist gut ab und baut relativ viele Sozialwohnungen. Bürgermeister Tschentscher wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass in Hamburg einer jüngeren Erhebung zufolge bundesweit die glücklichsten Menschen leben. Zugleich leiden die Anwohnerinnen und Anwohner unter hohen Mieten und unter den vielen Staus in der Stadt. Ein Aufreger im Wahlkampf war zuletzt auch die sich deutlich verschlechternde Sicherheitslage rings um den Hauptbahnhof.

Was gibt es noch zur Wahl?

Laut Landeswahlamt wurden 62.620 blaue und 2740 rote Kugelschreiber für die Bundestags- und Bürgerschaftswahl bestellt, 44,8 Millionen Seiten haben zusammengerechnet alle gedruckten Landeslistenstimmzettel zur Bürgerschaftswahl. Drei Tage sind die Wahlheferinnen und Wahlhelfer, die für beiden Wahlen ein Ehrenamt übernehmen, im Einsatz, und 220 Tonnen Papier wurden für die Produktion aller Stimmzettel für Bundestags- wie Bürgerschaftswahl genutzt.