Russland nennt Europas Pläne von Ukraine-Gipfel irrelevant

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Stimmen aus der russischen Politik versuchen, das europäische Gipfeltreffen zur Ukraine verächtlich zu machen. In London hatte der britische Premierminister Keir Starmer am Sonntag einen Friedensplan für die Ukraine in Aussicht gestellt, der den USA vorgelegt werden soll. Der einflussreiche russische Parlamentarier Konstantin Kossatschow nannte das Krisentreffen auf Telegram einen „verzweifelten Versuch, das Scheitern einer zehnjährigen Politik der Aufstachelung der Ukraine gegen Russland durch Großbritannien und bis vor kurzem auch durch die Vereinigten Staaten als Erfolg auszugeben“. Europa habe keinen Plan.

Der Vorsitzende des Ausschusses für internationale Angelegenheiten des russischen Unterhauses, Leonid Slutsky, schrieb, das Treffen in London werde die Position des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht retten. Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew, jetzt ein hoher Sicherheitsbeamter, hatte den Gipfel auf X bereits als „beschämenden Anblick“ abgetan, bevor es zu Ende war. Es habe sich um einen „Hexenzirkel“ gehandelt, „um den Nazi-Nobodys in Kiew die Treue zu schwören“.

Reaktionen aus Deutschland

Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Chef Friedrich Merz dankte Starmer und dem in London ebenfalls anwesenden französischen Präsidenten Emmanuel Macron für ihre „Führungsrolle bei der Schaffung eines dauerhaften und gerechten Friedens“ in der Ukraine. „Ihre Bemühungen sind der Schlüssel, um Brücken über den Atlantik zu bauen. Wir müssen in unserem Ziel geeint bleiben, Russlands Angriffskrieg zu beenden“, schrieb Merz auf X.

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter kritisierte die Ergebnisse des Gipfels als unzureichend. „Es ist gut, dass Großbritannien und Frankreich einen Plan für eine Waffenruhe in der Ukraine ausarbeiten wollen. Aber das wird nicht reichen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es braucht dringend ein großes Hilfspaket für die Ukraine, zur Finanzierung sollten die eingefroren russischen Mittel – über 200 Milliarden Euro – beschlagnahmt werden“, fuhr Hofreiter fort. „Und es braucht belastbare europäische Sicherheitsgarantien für die Ukraine.“ Er warnte, der russische Präsident Wladimir Putin wolle sich mit US-Präsident Donald Trump „die Welt in sogenannte Einflusszonen aufteilen“. Die Gefahr sei groß, dass er als nächstes Moldau oder das Baltikum angreifen werde. „Noch haben wir die Möglichkeiten, einen weiteren Krieg in Europa zu verhindern. Es braucht jetzt den politischen Willen dazu.“

Außenministerin Annalena Baerbock betonte im ZDF, auch Deutschland und ein osteuropäisches Land wie Polen müssten bei einer europäischen Friedenslösung vertreten sein. „Das bereiten wir seit mehreren Monaten vor, und das gilt es jetzt auf den Tisch zu legen.“

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Am Sonntag waren vor dem Hintergrund des jüngsten politischen Kurswechsels in den USA und wachsender Unsicherheit über die Zukunft des transatlantischen Bündnisses zahlreiche Staats- und Regierungschefs, unter ihnen auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), auf Einladung Starmers zu dem Krisentreffen gekommen. Nach den Worten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron schlagen Paris und London eine einmonatige Waffenruhe für die Ukraine vor, die „in der Luft, auf den Meeren und bei der Energieinfrastruktur“ gelten solle – aber nicht für Bodenkämpfe, denn die Front sei zu lang und schwer zu kontrollieren.

Aussagen der Teilnehmer in London

„Wir stehen heute an einem Scheideweg der Geschichte“, sagte Starmer nach dem Gipfeltreffen. Es sei nicht mehr der Moment, nur zu reden. Es sei an der Zeit zu handeln, Verantwortung zu übernehmen und auch Führung zu demonstrieren. Die Teilnehmer hätten vereinbart, sich dafür einzusetzen, dass die Ukraine bei allen Friedensgesprächen mit am Tisch sitzt, und ihre Verteidigungskapazitäten zu stärken. „Europa muss die Hauptlast tragen, aber um den Frieden auf unserem Kontinent zu unterstützen, und um erfolgreich zu sein, müssen diese Bemühungen von den USA stark unterstützt werden“, sagte Starmer.

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, er sehe ohne eine Waffenpause in der Ukraine keine Chance auf Gespräche. „Dabei würde es sehr hilfreich sein, wenn es dazu kommt, dass die Bombardierungen aufhören, ob das nun die Luft-Auseinandersetzung betrifft, ob das die Situation auf der See betrifft“, sagte er SPD-Politiker. „Das wäre der Einstiegspunkt auch für Gespräche, die dann weitergehen können.“ Nach Kriegsende benötige die Ukraine eine starke Armee, um sich zu verteidigen.

Nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss Europa dringend wieder aufrüsten. Den Mitgliedstaaten müsse der finanzielle Spielraum gegeben werden, um ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Europa müsse den USA zeigen, dass es bereit sei, die Demokratie zu verteidigen. „Nach einer langen Zeit der Unterinvestition ist es nun von größter Bedeutung, die Verteidigungsinvestitionen für einen längeren Zeitraum zu steigern“, sagte sie.

Der ukrainische Präsident Selenskyj war nach dem Eklat im Weißen Haus ebenfalls nach London gereist. Er erklärte in einer Fernsehansprache am frühen Montagmorgen nach dem Treffen, es gebe keinen Tag, an dem die Ukraine den USA nicht für ihre Unterstützung dankbar sei. Zudem verspricht er weitere diplomatische Anstrengungen, um näher an Washington heranzurücken. „Es wird Diplomatie um des Friedens willen geben. Und damit wir alle zusammen sind – die Ukraine, ganz Europa und ganz bestimmt Amerika“, sagt Selenskyj. „Natürlich sind wir uns der Bedeutung Amerikas bewusst, und wir sind dankbar für all die Unterstützung, die wir von den USA erhalten haben. Es hat keinen Tag gegeben, an dem wir diese Dankbarkeit nicht gespürt haben“.

Auf Telegram hatte er zuvor geschrieben, die Ukraine spüre die starke Unterstützung in Europa. „Wir arbeiten alle in Europa zusammen, um eine Grundlage für die Kooperation mit Amerika für einen echten Frieden und garantierte Sicherheit zu finden.“ Er beobachte „europäische Einigkeit auf einem extrem hohen Niveau, wie man sie seit langem nicht mehr gesehen hat“.