Zwei Sondervermögen? Lasst die Tassen im Schrank!

2

Die Sondierungen zwischen Union und SPD wecken böse Erinnerungen an die großen Merkel-Koalitionen. Statt eines gigantischen neuen Schuldentopfs sollen womöglich gleich zwei gefüllt werden, einer für Verteidigung und einer für Infrastruktur – schon steht eine Billion Euro für solche „Sondervermögen“ im Raum. Man sieht die Eurozeichen in den Augen der Verhandler. Mit diesem Manöver könnte noch der alte Bundestag in Windeseile die Kartoffeln für die nächste Koalition aus dem Feuer holen. Mit einem Schlag wäre die Schuldenbremse – wiewohl formal weiter intakt – auf Jahre oder Jahrzehnte ausgeschaltet.

Finanziell ungebremst ist gut Regieren, darin haben schwarz-rote Koalitionen bekanntlich Übung. Blieben Verteidigung und Infrastruktur plötzlich außen vor, wäre im Bundeshaushalt Raum für Umverteilung – ohne jede schmerzliche Reform. Weg wäre der Druck, die expansive Sozialpolitik zu korrigieren, der wir die ­Lücken in Verteidigung und Infrastruktur verdanken.

Und während Aufgaben eines Verteidigungsfonds grundgesetzlich präzise definierbar sind, ist eine Infrastrukturkasse eine schwammige Sache: Wohlfahrtsverbände sprechen längst von Investitionen in „die soziale Infrastruktur“, um ihre Ansprüche geltend zu machen.

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hatte den Wählern zugesagt, erst die Prioritäten zu klären und dann, ob neue Schulden nötig seien. Nun scheint der angedrohte Rückzug der USA aus Europas Verteidigung als Vorwand, die Schuldenbremse auszuhöhlen, ohne Aufgaben vorher klar nach Dringlichkeit zu stufen. Doch gilt: Akute Finanznot hat Deutschland nur in der äußeren Sicherheit, ihr gebührt Vorrang auch mit Blick auf die EU-Partner.

In der Infrastruktur gibt es große Mängel, aber sie liegen nicht zuerst am Geld. Es wäre das falsche Signal, für Infrastruktur neben Verteidigung eine gleichrangige Sonderschuld zu schaffen. Das triebe die Baupreise, löste aber nicht Planungswirrwarr oder föderale Blockaden und lastete den Jüngeren ohne Grund mehr Schulden auf. Merz sollte es besser wissen: Gerade damit der versprochene Politikwechsel gelingt, müssen die Tassen jetzt finanziell im Schrank bleiben.