Wenn der OSC Lille am Dienstag beim BVB zu Gast ist, wird Nabil Bentaleb fehlen. Doch die Geschichte des Algeriers gibt dem Team Kraft.
Als der OSC Lille nach der erfolgreichen Ligaphase in der Champions League den Kader für die K.-o.-Phase nominierte, fehlte der Name Nabil Bentaleb auf der Liste. Dabei wäre es eine realistische Option gewesen, den Algerier mitzunehmen. Denn das Bentaleb prinzipiell wieder einsatzbereit ist, ist etwas ganz Besonderes. Denn an Fußball war Ende Juni 2024 für den 30-Jährigen nicht zu denken. Bentaleb erlitt einen Herzstillstand, eine Herzmassage und der Einsatz eines Defibrillators retteten ihm das Leben.
Er musste in ein künstliches Koma versetzt werden, die Ärzte implantierten ihm einen Herzschrittmacher und einen Defibrillator. Die Fortsetzung seiner Fußballkarriere war zunächst ein großes Fragezeichen.
Bentaleb brauchte einige Zeit, um das Erlebte körperlich und mental zu verarbeiten. Dabei half ihm ein ehemaliger Teamkollege, dem das Gleiche widerfahren war: Christian Eriksen. Bentaleb und Eriksen spielten gemeinsam bei Tottenham Hotspur. Der Däne war bei der EM 2021 auf dem Spielfeld zusammengebrochen, auch bei ihm war ein Herzstillstand die Ursache. 259 Tage später feierte er sein Comeback.
“Ich habe mich mit Christian ausgetauscht, das hat mir sehr geholfen. Für mich war alles ungewiss und er half mir, alles zu verstehen und warnte mich auch davor, was passieren würde”, erzählte Bentaleb jüngst.

Bei Bentaleb, der Bundesliga-Fans noch aus seiner Zeit bei Schalke 04 (2016 bis 2021) bekannt sein dürfte, dauerte es 243 Tage bis zum Comeback. Beim Ligaspiel gegen Stade Rennes vor zweieinhalb Wochen wurde der Mittelfeldspieler in der Schlussviertelstunde eingewechselt – und erzielte nach nur vier Minuten das Tor zum 1:0 (Endstand 2:0). Ein Märchen.
“Bei der Ecke wusste ich es. Ich habe mir gesagt, dass ich der Mannschaft beim Stand von 0:0 helfen muss. Es ist unglaublich. Bilder, die sich für immer einprägen werden”, schwärmte der überglückliche Torschütze im Anschluss. “Es gibt Dinge, die man nicht vergisst und die ich nicht vergessen werde, wenn ich mit dem Fußball aufhöre, das gehört dazu.”
Auf diesen Moment hatte er lange hingefiebert. “Das Spielfeld zu betreten, das hatte ich mir acht Monate lang vorgestellt”, verriet Bentaleb. Er sei wie ein Scout gewesen, der zuschaut und überlegt, was er anders machen würde. “Ich habe in den letzten Monaten sehr hart gearbeitet, um dieses Ergebnis zu erreichen.”
Für Trainer Bruno Génésio war Bentalebs Rückkehr “wie eine Geschichte aus einem Film”. Génésio war voll des Lobs: “Er hat es verdient. Er hat an sich geglaubt und durchgehalten. Das ist eine unglaubliche Geschichte. Es ist selten, so etwas zu erleben.”

Das Tor sei mehr als nur ein emotionaler Erfolg gewesen. Génésio war sich sicher: “Das ist ein Moment, der in die Geschichte des Vereins, in seine Geschichte, in unsere Geschichte eingehen wird.”
Eine Woche später feierte Bentaleb gegen die AS Monaco sein Heimcomeback. Beim 2:1-Sieg gab es aus der Fankurve Sonderapplaus nach dem Abpfiff. Der Vorsänger OSC Lilles holte Bentaleb zu sich und hielt eine kleine Ansprache in Richtung der Fans: “Im Fußball wird oft gesagt, dass Profifußballer Vorbilder für die Kinder sind. Er ist so ein Vorbild. Ein verdammtes Vorbild für Resilienz, ein verdammtes Vorbild für Mut.” Mit Applaus und Bentaleb-Sprechchören wurde der Rückkehrer von den Anhängern Lilles gebührend gefeiert.